Der Islam und die Moderne

 Die widersprüchlichen Wirkungen der Wassermann-Energie

Zur Zeit der DDR stand in der Magdeburger Volksstimme ein Artikel, der überschrieben war mit der Zeile "Ohne Gott und Sonnenschein bringen wir die Ernte ein". Der evangelische Pfarrer Brüsewitz antwortete mit einem Plakat vor seiner Kirche "Ohne Regen, ohne Gott, geht die ganze Welt bankrott!" Brüsewitz war ein fanatischer Gegner des Sozialismus, wie er in der DDR praktiziert wurde, und verübte später aus Protest Selbstmord.

Im Grunde haben wir hier einen Konflikt, wie er sich heute immer deutlicher auch zwischen dem Islam und seiner Begegnung mit der westlichen Moderne abzeichnet: Auf der einen Seite (DDR) fortschrittsgläubiger Atheismus, auf der anderen Seite (Pfarrer Brüsewitz) radikale Religiösität. Die DDR wie auch der gesamte kommunistische Ostblock waren dem westlichen Lebensstil viel ähnlicher, als man vermuten würde. Sie waren "Möchtegern-Westler" und wollten sogar den Westen im Pro-Kopf-Verbrauch an Konsumgütern überflügeln. Sie waren genau wie der Westen an einem hohen Lebensstandard, also an Konsum und Lebensgenuß, interessiert, nur sollte die Wirtschaft nicht kapitalistisch organisiert sein.

Die entscheidende Orientierung der DDR und des gesamten Ostblocks war materialistisch und anti-religiös, und das ist auch heute die Grundorientierung der westlichen Welt. Gegen diesen Materialismus und diese Gottlosigkeit setzte Pfarrer Brüsewitz seinen fanatischen Protest, und man kann ihn insofern durchaus als einen Prototyp des heutigen religiösen Protests ansehen, der vom politischen Islam verübt wird.

Meine These lautet demnach: Mit dem Islam und der westlichen Moderne treffen zwei gesellschaftliche Systeme aufeinander, die sich im Verhalten zur Welt und zur Religion vollkommen gegensätzlich gegenüberstehen.

An dieser Stelle will ich sofort zwei Beschönigungen widersprechen: Die eine betrifft die Unterscheidung von Islam und Islamismus. Es heißt in den Leitmedien immer wieder, der eigentliche Islam habe mit dem Islamismus der Terroristen nichts zu tun. Er sei in Wirklichkeit eine friedfertige und barmherzige Religion, die von den Attentätern des IS nur mißbraucht werde. Ich glaube dieser Unterscheidung nicht. Die andere Beschönigung betrifft die Selbsteinschätzung des Westens. Der Westen sieht sich als den Hort der Menschenrechte und der Demokratie und betont seine Verwurzelung im Christentum. Ich glaube auch dieser Selbsteinschätzung nicht. Europa, und hier vor allem Deutschland, sehe ich eher als ein atheistisches Gebiet mit christlichen Restbeständen. Seine eigentlichen Werte sind Leistungswahn und hedonistischer Lebensgenuß.

Es stehen sich also eigentlich nicht der "politische" Islam und das "christliche Abendland" feindlich gegenüber, sondern der Islam, wie er schon von Mohamed begründet wurde und ein Abendland, das seine christlichen Wurzeln verraten hat. Und gegen beide müßte sich eine Kritik richten, die die christliche Botschaft der Versöhnung mit Gott und Verinnerlichung ernst nimmt.

Sprechen wir zunächst über den Islam: die Faktenlage ist hier erdrückend. Polygamie, Kinderehen, Zwangsverheiratungen, Ehrenmorde, genitale Verstümmelung der Frauen, Geschlechterapartheit, martialische Strafen nach der Scharia und immer wieder Terroraktionen im Namen des Dschihad. Man muß schon sehr naiv sein, wenn man den Islam als Religion in eine Reihe mit den zwei anderen abrahamitischen Religionen, nämlich Judentum und Christentum, stellen will, wie es islamische Theologen gerne versuchen. Der Islam nimmt eindeutig eine Sonderstellung ein, denn er ist vom Ursprung her - anders als Judentum und Christentum - eine Religion der Gewalt, der Unterwürfigkeit und der Unterwerfung. Das liegt daran, daß der Islam echte Frömmigkeit mit einem politischen Anspruch (Dschihad) verbindet. Wenn Religion und Politik nicht getrennt werden, wie es im Islam der Fall ist, dann entsteht zwangsläufig ein System, in dem entweder der Staat sich religiös begründet (Theokratie, im Islam das Kalifat) oder eine Religion, die mit staatlichen Zwangsmitteln (im Islam mit der Scharia) durchgesetzt wird. Insofern muß der Islam, wenn er konsequent gelebt wird, zum Islamismus führen. Daß die allermeisten Muslime das nicht wollen, ist ein großes Glück für die Menschheit. Das liegt aber nicht an der Friedfertigkeit des Islam, sondern an der Angst der meisten Muslime, die ihr Leben nicht im Kampf für den Glauben (Dschihad) aufs Spiel setzen wollen. Die Islamisten können jedenfalls zu Recht behaupten, die konsequenteren Muslime zu sein und sich dabei auf das Vorbild des Propheten Mohamed berufen.

Zur Islamkritik gehört auch die Kritik am Koran, der ein sehr widersprüchliches Buch ist und von dem trotzdem behauptet wird, das er wortwörtlich von Allah stammt und in dieser ewig gültigen Form Mohamed durch den Engel Gabriel geoffenbart wurde. Auch Mohamed selbst ist eine extrem widersprüchliche Person, der in seiner zweiten Periode in Medina nicht nur der Prophet war, sondern zugleich ein politischer Führer und Feldherr, der mit neun Frauen gleichzeitig zusammen gelebt und über achtzig Kriege geführt hat. Er hat sich damals nicht viel anders verhalten als heute der Islamische Staat (IS).

Sprechen wir aber nun auch von den Schandtaten des Westens: die Faktenlage ist auch hier erdrückend. Die sogenannte Moderne begann mit den Entdeckungen der neuen Welt im 14. und 15. Jahrhundert. Die eingeborene Bevölkerung der neu entdeckten Gebiete wurde zu einem großen Teil ausgerottet. Die nicht ausgerotteten Bevölkerungsteile wurden versklavt. Wir brauchen uns nur die Entstehung der USA vor Augen führen, die Führungsmacht der "freien Welt". Die dort lebenden Indianer wurden von den weißen Einwanderern getötet und ihres Landes beraubt. Die Nachfahren der später als Sklaven eingeführten Afrikaner leben noch heute unter unwürdigen Bedingungen. Überhaupt war der von den westlichen Staaten auf der ganzen Welt installierte Kolonialismus, der bis ins 20. Jahrhundert andauerte, eine furchtbare Geisel für alle Länder der sogenannten Dritten Welt, der oft heuchlerisch damit begründet wurde, dass diesen Ländern die Segnungen der christlichen Religion vermittelt werden sollten. Nach Beendigung des Kolonialismus wurden dieselben Länder auch weiterhin durch Handelsabkommen in Abhängigkeit vom Westen gehalten. Und wir sollten schließlich auch nicht die gegen jedes Völkerrecht begonnenen Kriege vergessen, die der Westen unter Führung der USA in den letzten Jahrzehnten vor allem aus geopolitischen Gründen geführt hat.

(vgl. meinen Artikel "Es ist Krieg")

Hierhin gehört auch die Kritik an der Palästina-Politik Israels. Seit dem Sechs-Tage-Krieg 1967 ist Israel Besatzungsmacht für die palästinensischen Gebiete Westjordanland und Ost-Jerusalem. Unter Ariel Scharon begann der israelische Staat mit dem Siedlungsbau auf palästinensischem Gebiet und setzte ihn bis zum heutigen Tag ununterbrochen fort - gegen internationales Recht und eine Reihe von einschlägigen UN-Resolutionen. Die USA bewahrten Israel vor Sanktionen und die Europäer duckten sich weg. Heute leben auf der Westbank 600.000 israelische Siedler. Jahrzehntelang protestierte kein westliches Land gegen dieses Unrecht. So entstand hier der Urkonflikt zwischen einer muslimisch geprägten Welt und der westlichen Moderne. Und hier entwickelten sich folgerichtig auch zuerst die dramatischen Aktionen einer Gegenwehr: die Selbstmord-Attentate. 

Wir haben es also mit einer Moderne zu tun, für die sich der Westen - trotz seiner technischen, wirtschaftlichen und kulturellen Leistungen - nur zutiefst schämen kann. Wir haben es allerdings auch mit einem Islam zu tun, der mit seiner archaischen Religösität und seinen drakonischen Strafen Furcht und Schrecken verbreitet. Und beide Seiten pflegen ein unerträgliches Überlegenheitsgefühl. Samuel Huntington sprach vom "Clash of civilisations". Ich würde eher vom "Zusammenstoß zweier Unkulturen" sprechen. Auf eine kurze Formel gebracht: Barbarei trifft auf Dekadenz.

(vgl. das Schaubild Kultur und Unkultur)

Wie lassen sich diese beiden "Unkulturen", die heute vor allem durch die Flüchtlingsströme aufeinander treffen und sich in Teilen geradezu in einem Krieg miteinander befinden, astrologisch verstehen? Es fällt schwer, hinter den fanatischen Übertreibungen der jeweils Anderen einen gesunden Kern zu erkennen, aber diesen Kern gibt es: Es ist die Energie des sogenannten Wassermann-Zeitalters, das sich total gegensätzlich manifestieren kann und das für sich gesehen keineswegs negativ ist.

Wassermann (Uranus), die Energie der Selbständigkeit, der Eigenmächtigkeit, der Freiheit, der Originalität und der Diesseitsorientierung, kann sehr wohl versucht sein, sich die sichtbare Welt schöpferisch-gestaltend zu unterwerfen. "Macht euch die Erde untertan" heißt es schon im Alten Testament. Der Westen ist dieser Devise unter Wassermann-Einfluß gefolgt und hat technisch, wirtschaftlich und kulturell die Moderne geschaffen. Die Grundlage seines Handelns ist die Rationalität. Er hat aber auch mit fanatischer Rücksichtslosigkeit die materielle und hedonistische Seite des menschlichen Lebens verabsolutiert und damit die Säkularisation (Verweltlichung) des Lebens übertrieben (Wirkungen der Wassermann-Energie in der Elternposition). Die Religion, und in der Folge auch die Moral, wurden immer weniger geachtet, so daß wir heute in einer Situation leben, in der die Erde in Arme und Reiche sozial extrem gespalten ist und ökologisch vor dem Kollaps steht. Der Islam hat sich dieser Entwicklung, die etwa seit dem 14. Jahrhundert dominant wurde, konsequent verweigert (Wirkungen der Wassermann-Energie in der Kindposition) und sich in seine religiösen Traditionen fundamentalistisch eingemauert. Er ist damit zum erbitterten rebellischen Gegner der westlichen Lebensart geworden. Das hat aber islamische Herrscher bis heute nicht daran gehindert, mit dem materialistischen Westen, der von ihnen verachtet wird, zu eigenem Nutzen zusammenzuarbeiten.

Besonders auffällig läßt sich die Ambivalenz der Wassermann-Energie an den Geschlechter-Beziehungen beobachten. Die den Muslimen vorgeworfene "Geschlechter-Apartheid" hat die alten patriarchalischen Strukturen verabsolutiert, unterwirft die Frau der totalen Kontrolle des Mannes, sperrt sie im Haus ein, sieht ihre Rolle ausschließlich als Mutter und Erzieherin der Kinder und gestattet ihr keine sexuelle Selbstdarstellung. Die moderne Frau des Westens ist in allem das Gegenteil: Sie ist emanzipiert, verdient ihr eigenes Geld, läßt sich unter Umständen von ihrem Mann scheiden, hat sehr oft keine Kinder oder ist eine allein erziehende Mutter mit einem Kind, das nicht selten schlecht erzogen ist. Ihr äußeres Erscheinungsbild ist freizügig bis sexuell aufreizend.

Sind die Muslime in der Terminologie der Transaktionsanalyse Verweigerer (Kindposition) in Sachen Technik und Wirtschaft, aber Verfolger in Sachen traditioneller Religiösität, so ist der Westen genau umgekehrt Verfolger (Elternposition) in Sachen Technik und Wirtschaft, aber Verweigerer in Sachen Religion. Skepsis und Zweifel sind geradezu die Krankheit der westlichen Welt geworden. Sie ist unfähig zum religiösen Vertrauen aber zu allem fähig, wenn es um eine leistungsbesessene und hedonistische Weltgestaltung geht. Was die Familie betrifft, so sind die Muslime hier die Verfolger, die archaische Traditionen durchzusetzen suchen, der Westen hingegen ist in der Verweigerungshaltung und stellt die zentrale Bedeutung von Ehe und Familie in Frage. Der Begriff "Mütterlichkeit" ist geradezu zu einem Synonym für Rückständigkeit bei emanzipierten Frauen geworden.

Der grundsätzliche Gegensatz zwischen archaischer Religösität (Islam) und rationalistischer Moderne hat also eine direkte Auswirkung auf dem Gebiet der Moral. Während der Islam mit unerbittlicher Härte seine Normen durchzusetzen sucht (Scharia), haben sich die Normen in der westlichen Welt weitgehend in Beliebigkeit aufgelöst. Der Islam befindet sich hier eindeutig in der Verfolger-Position, der moderne Westen lebt dagegen mehr und mehr in einem Zustand der Chaotik (Narzißmus).

Der entscheidende Grund für die westliche Misere scheint mir zu sein, daß in der Tradition der Aufklärung die Trennung von Religion und Politik derart verabsolutiert wurde, daß die Religion praktisch keine Bedeutung mehr für die Moral im gesellschaftlichen Zusammenleben besitzt. Der Islam hingegen verweigert die Rationalität der Aufklärung und wird vom Westen deshalb ständig aufgefordert, endlich eine Art von Aufklärung zustande zu bringen. Er könnte dem Westen allerdings darin zum Vorbild dienen, daß eine religiöse Einstellung das Fundament einer gesellschaflichen Ordnung bleiben muß.

Natürlich ist diese Schilderung der Situation holzschnittartig überzeichnet. Es gibt in der Tat viele liberale Muslime, die mit der Moderne zurecht kommen und es gibt auch im Westen viele Menschen, die sich dem Leistungswahn und dem Konsumkult entziehen. Im Kern geht es aber trotz aller Ausnahmen und Schattierungen um den beschriebenen fundamentalen Gegensatz. Der Islam und die Moderne repräsentieren die beiden Enden einer gegensätzlichen wassermännischen Entwicklung seit dem 14. Jahrhundert und sind damit zu Gegnern geworden, sie sich unversöhnlich gegenüberstehen. Und ganz ähnlich wie in einer verfahrenen Beziehung sind beide Seiten unfähig, in der Verabsolutierung der Gegenseite den eigenen verdrängten Schatten zu erkennen.

(vgl. meinen Artikel Aktive und passive Aggressivität)

Als Konsequenz aus diesen Überlegungen lassen sich zwei Schlußfolgerungen ziehen:

  • Islam und Moderne müssen den eigenen verdrängten Anteil anerkennen und hier bereit sein, von der anderen Seite zu lernen.    
  • Dieser Lernprozeß kann aber nur dann friedlich erfolgen, wenn beide Seiten nicht gezwungen werden, direkt miteinander zusammenzuleben.

Zur ersten Konsequenz ist anzumerken, daß die entscheidende Voraussetzung hierfür die Haltung der Demut ist. Der beleidigte Stolz der muslimischen Welt ist eine bekannte Tatsache und wird vom Westen gern kritisiert. Aber die selbstgerechte Pose des wirtschaftlich erfolgreichen und starken Westens ist kein Deut besser. Beide Seiten müssen von ihrem hohen Roß herunter.

Im traditionellen Islam steht viel auf dem Spiel: Seine Konzeption einer Identität zwischen Politik und Religion, die direkt auf den Propheten Mohamed zurückgeht und die in der Konsequenz die gewaltsame Durchsetzung eines Gottesstaats bedeutet, ist mit der modernen Welt nicht kompatibel. Die Moderne hat hingegen den Weg der Versöhnung von Rationalität und Religiösität zu gehen, der auf dem ersten Blick einfacher zu sein scheint. Wer sich aber ein realistisches Bild vom Verlust der moralischen Substanz in der westlichen Welt macht, der ja direkt mit der verlorenen religiösen Grundorientierung der Menschen zusammenhängt, wird diese Ansicht nicht vertreten. Die Wege von Islam und Moderne zur Mitte einer gesunden Menschlichkeit sind wohl gleich weit und gleich schwierig.

Zur zweiten Konsequenz ist anzumerken, daß der Westen (und hier insbesondere Deutschland) gerade im Begriff ist, einen folgenreichen Fehler zu begehen: Die 2015 eingewanderten Muslime sollen mit aller Kraft und so schnell wie möglich in die Gesellschaft integriert werden. Sprachkurse, Ausbildungsangebote, Anerkennung ausländischer Zertifikate und vor allem eine dezentrale Verteilung der Flüchtlinge (Wohnortzuweisung) in Verbindung mit der Androhung von Leistungskürzungen bei Integrationsverweigerung sollen dieses Wunder zustande bringen. Das ist alles gut gemeint, aber meiner Meinung nach einfach nicht möglich. Hilfsbedürftige Flüchtlingsfamilien müssen unterstützt werden, bis sie in ihre Heimat zurückkehren können. Es hat aber meiner Meinung nach keinen Sinn, sie in ein Integrationsprojekt zu zwingen.

(siehe das Video Die Integrationslüge)

Um hier nicht gleich als fremdenfeindlich oder gar als Rassist abgestempelt zu werden, bitte ich den Leser, seine eigene Lebenserfahrung zu Rate zu ziehen. Es scheint mir ein soziales Gesetz zu sein, daß es einen Zusammenhang zwischen dem friedfertigen Zusammenleben der Menschen und ihren kulturellen Traditionen gibt. Dieses Gesetz könnte so formuliert werden:

Je größer die Unterschiede in den Lebensgewohnheiten der Menschen sind, desto größer muß auch ihr Abstand voneinander organisiert werden.

(vgl. meinen Artikel Mut zur Normalität)   

Jeder hat wohl in der eigenen Familie erlebt, wo man ja sehr eng beieinander ist, wie kleinste Kleinigkeiten schon zu einem Konflikt führen können: Wann zu Mittag gegessen wird, wie laut Musik gehört werden darf, wie der Weihnachtsbaum geschmückt werden soll usw.. Es ist keineswegs nur das Grundgesetz, das ein Zusammenleben regelt. In jeder sozialen Einheit muß gewissermaßen eine eigene "Leitkultur" ausgehandelt werden. Das ist übrigens der Grund, warum man den Begriff "Leitkultur" nicht wirklich definieren kann. Es gibt einfach zu viele davon.

Wenn also z.B. in der Vergangenheit die türkischen Gastarbeiter in Deutschland versuchten, unter sich zu bleiben, und auf diese Weise in einzelnen Stadtvierteln Parallelgesellschaften bildeten, was heute oft beklagt wird, so war das genau die einzig mögliche Art, friedlich mit der deutschen Bevölkerung auszukommen. Dasselbe Verhalten läßt sich von allen Minderheiten auf der ganzen Welt beobachten.

Die Duldung von Parallelgesellschaften hat allerdings enge Grenzen. Die Mehrheitsgesellschaft wird eine solche relative Abschottung nicht mehr akzeptieren, wenn die Zahl der Eingewanderten zu groß wird. Sie kann aber andererseits auch nicht verlangen, daß sich diese Menschen der einheimischen Bevölkerung mit ihren ganz anderen Sitten und Gewohnheiten einfach anpassen. Eine solche "Umerziehung" würde schlicht die menschlichen Möglichkeiten überfordern, und zwar auf beiden Seiten: Auch die Geduld der "Umerzieher" dürfte bald erschöpft sein.

Es gibt ein interessantes Beispiel aus der Geschichte: Als es in der Reformationszeit zu ständigen Spannungen zwischen der katholischen und der protestantischen Bevölkerung kam, wurde 1555 der sogenannte Augsburger Religionsfriede geschlossen. Durch ihn wurde der Grundsatz festgelegt: "Cuius regio, eius religio". Der jeweilige Landesherr bestimmte die Religion und seine Untertanen, wie es damals hieß, konnten diese Religion entweder annehmen oder auswandern. Da aber auch diese Regelung in vielen Punkten Ausnahmen kannte, spitzten sich in der Folge die Konflikte wieder zu, und es kam schließlich 1618 zum Dreißigjährigen Krieg, der im Kern ein Religionskrieg war.

Das besondere Problem der Integration von muslimischen Einwanderern wird von dem Autor Hamed Abdel-Samad in seinem Buch "Der Untergang der islamischen Welt" in dem Kapitel "Muslime in der Fremde" folgendermaßen beschrieben:

"Das Leben der Muslime in Europa ist von dem Widerspruch gesprägt, als Minderheit in nichtmuslimischen, säkularen und sich rasant wandelnden Gesellschaften leben zu müssen. Ein Spagat zwischen den importierten Bräuchen und den europäischen Normen ist oft das Ergebnis. Der Glaube wird zum leitenden Identitätsmerkmal, und die Migration wird als Exil empfunden oder als solches mystifiziert. Deswegen erhöht sich für Emigranten die Bedeutung der Religion. In der Fremde bietet sie auch Identitätssicherheit, Geborgenheit und Trost. Deshalb sind Religion, Heimatverbundenheit, ethnische und kulturelle Identität in der Diaspora kaum voneinander zu trennen." (S. 198)

Hamed Abdel-Samad ist ein ausgezeichneter Kenner des Islam und seiner Probleme. Er glaubt nicht an die Möglichkeit einer Anpassung der Muslime an die deutsche Gesellschaft. Er verweist sogar auf seine Erfahrung, daß Muslime, die mit liberalen Vorstellungen nach Europa gekommen sind, durch die Begegnung mit der nicht-religiösen, agnostischen Moderne ihren Halt in der Fremde wieder verstärkt in der Rückbesinnung auf ihre religiösen Traditionen suchen. Das Ergebnis ist dann ein fundamentalistisch gelebter Islam.

Deutschland steht also vor einem wirklichen Dilemma: Der erste Fehler war, Hunderttausende muslimische Einwanderer unkontrolliert ins Land zu lassen. Um diesen Fehler wieder gut zu machen (d.h. nachträglich mit Sinn zu versehen), sollen diese Muslime nun integriert werden. Angela Merkel hat gesagt, sie wolle aus illegalen Zugewanderten legale machen. Bei den oben geschilderten extremen kulturellen Unterschieden zwischen dem Islam und der Moderne muß das nach menschlichem Ermessen zu einer Katastrophe führen.

Diesen Menschen kann nur geholfen werden, wenn sie in der Nähe ihrer Heimatländer in ihrem kulturellen Umfeld untergebracht und dort großzügig unterstützt werden. Das zu organisieren, ist die eigentliche und schwierige Aufgabe der Politiker. Die illegale Migration nach Europa und nach Deutschland muß dagegen konsequent unterbunden werden.

Zum Thema empfehle ich ein interessantes Interview mit dem Deutsch-Syrer Bassam Tibi

Rolf Freitag, Schule für Psychologische Astrologie in Heiligenhaus, 2016

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