Das Dilemma mit Paradigmen
Die Bedeutung von Pluto im Steinbock-Zeichen
Die Steinbock-Energie (Saturn) symbolisiert Struktur, Normen, Regeln, Gesetze und Traditionen, die die Menschen auffordern, diese Realitäten in ihrem Handeln zu berücksichtigen. Darin besteht ganz praktisch ihre Verantwortung. Steinbock (Saturn) ist ein kardinales Zeichen.
Das bedeutet nicht, daß diese institutionellen Gegebenheiten immer im Recht sind. Die Menschen dürfen aber nicht so tun, als könnten sie die vorhandene Realität einfach ausblenden. In diesem Fall würden sie nicht verantwortlich handeln. Widerstand gegen die Verhältnisse ist möglich (wenn Uranus hilft) und oft sogar sehr notwendig. Trotzdem muß zunächst die Realität ganz nüchtern zur Kenntnis genommen werden.
Gehorsame Menschen (Kindposition nach der Transaktionsanalyse) haben eine Verbindung der Steinbock-Energie mit der Fische-Energie und bei unterwürfigen Menschen ist es sogar eine Verbindung von Saturn, Neptun und Uranus. Es ist übrigens dieselbe Energie, die auch autoritäre Unterdrücker besitzen, wenn diese aus der Elternposition (Transaktionsanalyse) operieren. Hiervon soll aber jetzt nicht die Rede sein. Es soll hier um die einfache Steinbock-Energie gehen, die auch zu einem besonderen Problem werden kann, wenn sie mit der plutonischen Energie in Verbindung steht. Genau diese Situation haben wir in der aktuellen Zeitqualität, denn Pluto befindet sich mitten im Steinbock-Zeichen.
Wenn Pluto sich mit der Steinbock-Energie verbindet, dann bekommen die Verhältnisse ein besonderes Schwergewicht, man könnte sagen, eine grundlegende Bedeutung, und in diesem Fall sprechen wir von Paradigmen. Paradigmen sind gewissermaßen die Verhältnisse unter den Verhältnissen.
Es gibt also eine Rangordnung von saturnischen Strukturen, und hier deutet sich schon das Dilemma an: Es ist zumindest denkbar, daß aktuell wünschbare und notwendige Veränderungen der Verhältnisse nicht möglich sind, weil die zugrunde liegenden Paradigmen das nicht zulassen. Der Fehler liegt natürlich in den plutonischen Strukturen, die in der Vergangenheit falsch herausgebildet wurden, so daß die aktuell Handelnden keine vernünftigen Spielräume mehr besitzen. Sie sind Gefangene ihrer eigenen Lebenslügen geworden, die sie nicht aufgeben wollen. In solchen Fällen heißt es dann gern: Es gibt keine Alternative!
Hierfür will ich einige Beispiele bringen. Politik und Wirtschaft, also der öffentliche Raum, aber auch das Privatleben sind voll davon.
Beispiel 1: Der Neoliberalismus
In der Wirtschaftswissenschaft gibt es seit etwa 40 Jahren die grundlegende Überzeugung, daß jedes Angebot seine eigene Nachfrage hervorbringt und der Markt für einen entsprechenden Ausgleich sorgt. Der Staat soll sich nach Möglichkeit aus der Wirtschaft heraushalten, er soll lediglich für einen ausgeglichenen Haushalt sorgen, also keine Schulden machen. Wirtschaftspolitik erschöpft sich demnach vor allem in der Aufgabe, für Wettbewerbsfähigkeit zu sorgen.
Wenn nun in der aktuellen Situation festgestellt wird, daß es an Nachfrage fehlt, um die Wirtschaft in Gang zu bringen und der Staat, keynesianisch gedacht, durch Schuldenmachen für eine solche Nachfrage sorgen könnte, dann steht genau das neoliberale Paradigma im Weg. Dann wird man eher verzweifelt (und ohne Erfolg) versuchen, über die Zentralbanken die Zinsen auf Null zu bringen und die Märkte durch den Ankauf von Staatsanleihen mit Geld zu fluten, als von diesem Paradigma abzulassen.
Beispiel 2: Der Freihandel
Der aktuelle Streit um CETA und TTIP hat die Frage aufgeworfen, wie weit ein internationaler Freihandel zugelassen werden darf. Im Zuge der Globalisierung (Pluto in Schütze) war die Antwort gewesen: unbegrenzt. Man erhoffte sich geradezu von offenen und ungeschützten Wirtschaftsbeziehungen ein allgemeines Wirtschaftswachstum, also mehr Wohlstand und mehr Beschäftigung in allen Ländern. Inzwischen hat man festgestellt, daß der Prozeß der Globalisierung sehr wohl Gewinner und Verlierer kennt, und entsprechend ist der Widerstand gegen Freihandelsabkommen in der Bevölkerung gewachsen.
Freihandel hat eigentlich nur Vorteile für Länder wie Deutschland, die sehr exportorientiert sind. Für ein Land wie z.B. Griechenland gäbe es durch Freihandel mehr Nachteile als Vorteile, denn dessen Wirtschaft produziert überwiegend für den Binnenmarkt. Gerade von Griechenland wird aber von den Geldgebern (der Troika) verlangt, daß es im Außenhandel wettbewerbsfähiger werden soll.
Für afrikanische Länder schließlich sind Freihandelsabkommen völlig absurd, denn diese Länder haben überhaupt keine Chance, auf dem Weltmarkt gegen die exportstarken westlichen Länder zu bestehen. Das hat jedoch Europa nicht davon abgehalten, diesen Staaten nach der Kolonialzeit Freihandelsabkommen aufzuzwingen. Inzwischen wundert man sich, daß afrikanische Länder eine hohe Arbeitslosigkeit haben und Millionen junger Männer nach Europa auswandern wollen. Ein Grund, wenn auch nicht der wichtigste, sind ungerechte Handelsbeziehungen, für die das Paradigma vom Freihandel die Ursache darstellt.
Beispiel 3: Der demographische Wandel
Als die Politiker vor Jahren feststellten, daß es in Deutschland zu wenig Kinder gibt und die Menschen immer älter werden, wurde behauptet, daß die gesetzliche Rente nicht mehr sicher sei. Diesem Problem hätte man u.a. begegnen können, indem man die paritätisch zu zahlenden Rentenbeiträge von Arbeitnehmern und Arbeitgebern entsprechend angehoben hätte. Doch diese Lösung kam nicht in Frage, weil die Unternehmer verschont werden mußten. Die deutsche Wirtschaft sollte ja wettbewerbsfähiger werden. Also wurden die Unternehmensbeiträge eingefroren und den Arbeitnehmern wurde die zusätzliche private Altersvorsorge empfohlen, für die der Staat eine Prämie zahlen wollte.
Inzwischen hat sich herausgestellt, daß die privaten Vorsorgemodelle, wie etwa die Riesterrente, nicht funktionieren. Sie kommen vor allem der privaten Versicherungswirtschaft zugute, und die staatliche Förderung wäre bei der gesetzlichen Rente weit besser aufgehoben. Außerdem hat die neoliberale Wirtschaftspolitik in Deutschland einen großen Niedriglohnsektor geschaffen. Und gerade diese Geringverdiener, für die eine private Altersvorsorge ja besonders notwendig wäre, können sich zusätzliche Einzahlungen neben ihren Rentenbeiträgen gar nicht leisten.
So droht ab der nächsten Rentnergeneration Altersarmut. Diese könnte noch abgewendet werden, wenn man zur gesetzlichen Rente zurückkehren würde. Dann müßte aber auch die alte Rentenformel wiederhergestellt werden, denn die gesetzliche Rente soll ja bis zum Jahre 2030 auf 43% abgeschmolzen werden. Ganz nebenbei könnte damit auch die SPD ein Stück Glaubwürdigkeit zurückgewinnen, denn sie hat zusammen mit den Grünen unter Kanzler Schröder die gesetzliche Rente zerstört. Einer solchen Umkehr steht allerdings das Paradigma vom demographischen Wandel im Wege, das anscheinend eine Rentenkürzung und einen späteren Renteneintritt verlangt.
Beispiel 4: Die atlantische Allianz
Europa und hier ganz besonders Deutschland stehen fest im Bündnis mit der transatlantischen Führungsmacht, den USA. Das hat seinen Grund im 2. Weltkrieg, wo das faschistische Deutschland zwar von den Alliierten und der damaligen Sowjetunion niedergerungen wurde, aber anschließend auch mit amerikanischer Hilfe ein Neuanfang gelungen ist, der Westdeutschland dreißig Jahre lang einen Wohlfahrtskapitalismus beschert hat.
Wenn nun die USA, wie es scheint, nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion in den 90-er Jahren mit aller Macht versuchen, ein Wiedererstarken Russlands unter Putin zu verhindern, um weiterhin unbestritten die einzige Weltmacht zu bleiben, dann heißt das z.B. im aktuellen Ukraine-Konflikt für die Europäer, sie müssen Sanktionen gegen Russland ergreifen, die ihren eigenen wirtschaftlichen Interessen entgegenstehen. Besonders Deutschland kann hier nicht ausscheren, weil es damit das Paradigma von der unverbrüchlichen transatlantischen Freundschaft verletzen würde.
Die Frontstellung des Westens gegen Russland bringt aber noch ein zusätzliches Problem mit sich: Die internationalen Konflikte, wie z.B. der Krieg in Syrien, können wahrscheinlich nur durch ein Zusammengehen von Russland und den USA gelöst werden. Solange aber die USA daran festhalten, daß Russland nur eine unbedeutende "Regionalmacht" zu sein habe, mit der man nicht auf Augenhöhe verhandele, solange ist keine Besserung der Verhältnisse in Sicht.
Beispiel 5: Die europäische Wertegemeinschaft
Europa sieht sich gern als aufgeklärten Kontinent, wo Vernunft und Menschenrechte die Politik bestimmen und die politischen Verhältnisse demokratisch geregelt sind. Selbstgefällig tragen die Europäer dieses Bewußtsein wie eine Monstranz vor sich her. Auch Deutschland ist besonders stolz, nach seinen Verbrechen im 2. Weltkrieg, wieder zu diesem Kontinent der demokratischen Völker zu gehören.
Wenn nun Flüchtlingsströme in Millionenhöhe aus dem arabischen Raum und aus Afrika nach Europa kommen, dann wird dieses Paradigma auf die Probe gestellt. Die Notwendigkeit, hier Grenzen zu setzen, ist eigentlich unübersehbar, aber die Menschenrechte, die Verfassungen und die Genfer Flüchtlingskonvention stehen dieser Notwendigkeit im Wege. Sie dürfen auch dann nicht angetastet werden, wenn sich der Flüchtlingsstrom zu einer Völkerwanderung steigert. Die osteuropäischen Staaten haben sich kurzerhand über das Paradigma einer offenen Gesellschaft hinweggesetzt und lassen keine Flüchtlinge ins Land. Deutschland mit seinem schlechten Gewissen, was die Judenvernichtung anbelangt, gibt sich supermoralisch, hält fanatisch an dem unhaltbaren Paradigma fest und versucht das Unmögliche: die Integration von Millionen Muslimen. Es könnte die deutsche Gesellschaft zerreißen.
(siehe das Schaubild Zuwanderung)
Beispiel 6: Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Die Emanzipationsbewegung hat die Forderung nach Gleichberechtigung der Geschlechter in der Weise zugespitzt, daß behauptet wird, ein Unterschied zwischen Mann und Frau bestehe nur im Sexus, alles Weitere im Verhalten sei vollkommen gleich. Männer zeugen zwar Kinder und Frauen gebären sie, das wird anerkannt, aber im sonstigen Begabungspotential von Männern und Frauen (dem sogenannten Gender) gäbe es keine erkennbaren Unterschiede.
Als Konsequenz wurden auch die Mütter von der Erziehungstätigkeit weitgehend emanzipiert. Es heißt: Frauen müssen dieselben Chancen für eine berufliche Karriere haben wie die Männer und deshalb dürfen sie auch nicht durch kleine Kinder an Heim und Herd gefesselt bleiben. So entstand das Paradigma der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und in der Folge davon die Forderung nach Kinderkrippen für die Kleinkindbetreuung.
Wenn nun die praktische Erfahrung zeigt, daß Mütter ein schlechtes Gewissen bekommen, wenn sie ihre Einjährigen morgens in der Krippe abliefern, wenn sich Frauen überfordert fühlen, die nach einem langen Arbeitstag sich abends noch um Familie und Kinder kümmern wollen, dann wird ihnen entgegen gehalten, daß das der Preis für ihre Emanzipation ist. Wenn außerdem Erzieherinnen und Lehrer über schlecht erzogene Kinder klagen, wenn die Gesellschaft schließlich feststellt, daß überhaupt zu wenig Kinder geboren werden, um die alte Generation später pflegen zu können, dann sucht man verzweifelt nach einem Ausweg, probiert neue Erziehungsmethoden oder holt Ausländer ins Land. Aber das Paradigma der Vereinbarkeit von Familie und Beruf darf nicht angetastet werden. Es ist inzwischen zu einem Tabu geworden.
(vgl. den Artikel Familie und Beruf. Die Lüge von der Vereinbarkeit)
Beispiel 7: Es gibt keine normale Geschlechtlichkeit
Es hat Zeiten gegeben, die ich noch erlebt habe, wo homosexuelle Männer strafrechtlich verfolgt wurden. Der Paragraph 175 StGB war eine schlimme Übertreibung, und diese Menschen werden heute zu Recht rehabilitiert und für ihre Diskriminierung entschädigt.
Die Zeiten sind aber ins genaue Gegenteil umgeschlagen und heute werden homosexuelle und lesbische Paare nicht nur toleriert, sondern es wird bis in die Grundschulbücher hinein eine Propaganda betrieben, daß Sexualität keiner Norm unterworfen werden darf. Es heißt, alle Formen sexueller Betätigung seien vollkommen gleichberechtigt, sofern sie einverständlich unter Erwachsenen erfolgen. Der Begriff "normale Sexualität" ist aus dem Sprachgebrauch geradezu verbannt worden.
Von Homosexuellen wird inzwischen die Forderung erhoben, daß sie als Paar auch Kinder adoptieren dürfen. Von konservativer Seite werden dagegen Bedenken angemeldet, und es wird die Frage gestellt, ob sich solche Kinder in einer "unnormalen Situation" normal entwickeln können. Wer sich aber in Beziehungen gar keine unnormalen Verhältnisse mehr vorstellen kann, wird solche Bedenken nicht verstehen. Unsere Gesellschaft hat die Ausnahme praktisch zur Regel erklärt, so daß es für sie am Ende gar keine Norm mehr gibt, nach der man sich richten sollte.
(vgl. meinen Artikel Mut zur Normalität)
Diese sieben Beispiele sollen genügen, um das Problem deutlich zu machen. Grundlegende Paradigmen (Lebenslügen) können, wie man sieht, notwendige und sinnvolle Regeln an der praktischen Oberfläche des Lebens behindern, weil sie tiefer greifen und in der Regel auch verbissen verteidigt werden. Das liegt an ihrem skorpionischen Charakter. Die Menschen lassen sich in der Folge in alle möglichen Projekte hineintreiben, um das Unmögliche möglich zu machen, ohne daß die Voraussetzungen stimmen. Eine befriedigende Lösung ist aber ohne eine Änderung auf der tieferen Paradigmen-Ebene nicht möglich, und so kommt es zu einem ermüdenden Engagement ohne Erfolg, das jeder zur Genüge kennt.
Ich behaupte, daß wir heute in einer Zeit leben, in der eine große Zahl von Paradigmen (Lebenslügen) inzwischen dafür gesorgt hat, daß sich die ungelösten Probleme gefährlich anstauen. In der Politik ist das letztlich der Grund für die um sich greifende Politikverdrossenheit. Im Privatleben ist es aber auch nicht viel besser: Erschöpfung, Sucht und Aggressivität zerrütten sehr oft das Familienleben, weil die Grundlagen einfach nicht mehr stimmen.
Hier ist es nun an der Zeit, noch etwas tiefer zu graben. Die vielen falschen Paradigmen haben meiner Meinung nach durchaus alle eine gemeinsame Wurzel. Ich würde dieses letzte Paradigma, das allen Paradigmen (Lebenslügen) zugrunde liegt, als "Eigenmächtigkeit" bezeichnen. Es ist die Eigenmächtigkeit der Freiheit, die keine Grenzen akzeptiert. Die Menschen der westlichen Moderne haben ihre Freiheit derart extrem strapaziert, daß ein gesundes Leben nicht mehr möglich ist.
(vgl. den Artikel Der Angriff des Liberalismus auf konservative und soziale Positionen)
Astrologisch gesehen hängt diese Entwicklung mit der Wassermann-Energie zusammen, die etwa seit dem 14. Jahrhundert dominant geworden ist. Schritt für Schritt wurde im Namen der Freiheit in immer neuen Revolutionen jede natürliche Grenze niedergerissen und an ihrer Stelle oft eine ideologische Überzeugung etabliert. Wurden anfangs diese Revolutionen des Wassermann durchaus als Befreiung von wirklichen Zwängen erlebt (so z.B. die Befreiung des Gewissens von einem kindlichen Gehorsamsglauben in der Reformation oder die Erlaubnis zum Gebrauch der eigenen Vernunft mit der Verkündung der Menschenrechte in der Aufklärung), so wurde die Übertreibung des Freiheitsstrebens in den folgenden Jahren der Industriealisierung schließlich selbst zur Plage.
Heute befinden wir uns im Westen wohl am Ende dieser Entwicklung. Die Freiheit steht gewissermaßen nackt da, ohne jede Bindung, ohne jede Grenze. Wir leben in einer freiheitlichen Beliebigkeit, die wir mit skorpionischer Besessenheit verteidigen und erhoffen uns vom Wettbewerb, also vom Kampf aller gegen alle, daß sich auf diese Weise die Verhältnisse ordnen. Das werden sie aber nicht tun, und die aktuelle Zeitqualität von Pluto mitten im Steinbock wird uns das Problem falscher Paradigmen ins Bewußtsein bringen.
(vgl. meinen Artikel Der Fluch des Wettbewerbs)
Das grundlegende Paradigma, das allen nachgeordneten falschen Paradigmen den Weg gewiesen hat, ist - um es noch einmal in aller Deutlichkeit zu sagen - das Paradigma von der Freiheit, die Vorrang vor allen anderen Werten bekommen hat. Im Zeitalter der Renaissance im 14./15.Jahrhundert sind die Völker des Westens gewissermaßen aus ihrer Kindlichkeit aufgewacht und in ihre Pubertät eingetreten. Der Islam hat diese Entwicklung zur Individualität nicht mitgemacht. Er hat sich verweigert und in seine religiösen Traditionen fundamentalistisch eingeschlossen. Die Menschen des Westens haben aber ihr "Ich" entdeckt. Und dieses Ich wurde im Laufe der Jahrhunderte immer weiter ausgebaut. Das war einerseits sicher richtig und gut, hat aber andererseits immer wieder zu unerträglichen Übertreibungen und Katastrophen geführt. Die größten davon waren die beiden Weltkriege.
Die durch Jahrhunderte vom Wassermann zurückgedrängte Fische-Energie meldet sich nun mit Gewalt zurück. Und da der aktuelle Pluto sich in den letzten Jahren durch eine sich ständig wiederholende Quadratur zu Uranus in Widder sieben Mal energetisch aufgeladen hat, ist mit heftigsten Auseinandersetzungen zu rechnen. Es geht in diesen Kämpfen nicht nur um oberflächliche Strukturänderungen oder um die Wiederherstellung von traditionellen Gewohnheiten. Es geht um eine Neuordnung der menschlichen Verhältnisse an der Wurzel, also um einen echten Paradigmen-Wechsel.
Wenn von einer christlichen Partei in Deutschland noch vor kurzem die Paradigmen verkündet wurden: "Freiheit kommt vor Gleichheit" und "Privat kommt vor Staat", dann wurde, sicher ungewollt, genau der wunde Punkt angesprochen. Beide Paradigmen sind falsch und stellen das gesunde Leben auf den Kopf. Das tun sie aber nicht erst seit heute, sondern sie haben die gesamte Moderne auf die schiefe Bahn gebracht.
Die Grundlage des Lebens kann niemals die absolute Freiheit sein, so wichtig es auch für jeden Menschen ist, seine Besonderheit und Individualität in seinem Leben auszudrücken. Dafür sorgt im Horoskop die Wassermann-Energie. Sie darf sich aber nicht über die Fische-Energie erheben und die tiefer liegende Gleichheit der Menschen mißachten. Fische sind die natürliche Grenze für Wassermann. Das ist geradezu ein astronomisches Gesetz, denn Neptun läuft langsamer und befindet sich in seiner Bahn hinter Uranus.
Die Freiheit der Menschen muß demnach eingebunden bleiben in Empathie, Rücksicht und Solidarität. In Sachen Würde des Menschen und Achtung vor seinen Lebensrechten sind die Menschen einander gleichgestellt. Das betont auch unser Grundgesetz. Diese Gleichheit darf nicht durch ständigen Kampf, durch einen hemmungslosen Wettbewerb und auch nicht durch besondere persönliche Tüchtigkeit zerstört werden. Gleichheit kommt vor Freiheit und der Staat (Saturn) hat darauf zu achten, daß der privaten Initiative Grenzen gesetzt werden.
Internationale Konzerne, milliardenschwere Pensionsfonds und weltweit operierende Großbanken, die durch ihre wirtschaftliche Macht den Staat vor sich hertreiben, sind z.B. ein Übel, das das gesellschaftliche Leben ruiniert. Sie sind aber im Zuge einer Wassermann-Dominanz leider möglich geworden. Hier wedelt gewissermaßen der Schwanz (Wirtschaft) mit dem Hund (Politik). Im Privatleben dominieren dagegen die materialistischen Werte. Sie treiben die Menschen in einen selbstzerstörerischen Leistungswahn der Selbstoptimierung und in einen hedonistischen Konsum, wodurch besonders die Familie aufgerieben wird.
Wir leben heute in einer Zeit, wo die Spätfolgen einer radikalen freiheitlichen Entwicklung, die in der Renaissance begonnen hat, deutlich sichtbar geworden sind. Es geht um nicht weniger als um die Korrektur eines Paradigmas, mit dem die Wassermann-Energie über die Fische-Energie gestellt wurde. Damit muß aber gleichzeitig auch die Steinbock-Energie (Staat) ihre begrenzende Funktion über die Schütze-Energie (Unternehmer) wieder ausüben.
(vgl. das Schaubild Grenzen für Uranus und Jupiter)
Der Sozialstaat (Saturn-Neptun) ist demnach die Grenze für das freie Unternehmertum (Jupiter-Uranus). Anders lassen sich weder die sozialen Ungerechtigkeiten in der Welt bekämpfen noch die Bedrohung durch einen ökologischen Kollaps abwenden. Und die mitmenschliche Solidarität (Neptun) ist die Grenze für eine schrankenlose Selbstverwirklichung (Uranus). Sonst verwildert das Verhalten und die Gesellschaft verliert ihren Zusammenhalt.
Dieser Paradigmen-Wechsel ist gewaltig und es ist mehr als zweifelhaft, ob die Menschen ihn zustande bringen, bevor es zu fürchterlichen Katastrophen gekommen ist. Ich denke aber, daß wir uns dieser Aufgabe nur stellen werden, wenn wir auch die Religion wieder in ihre Rechte einsetzen. An ihr hängt nicht zuletzt das moralische Verhalten und beide gehören zur Fische-Seite des Lebens. Es ist ein falsches Paradigma, wenn der Mensch sich zum Maß aller Dinge zu machen versucht. Leider kann er sich am Anfang darüber täuschen, wie verderblich eine solche Entscheidung einmal werden wird. Wir sehen die Folgen davon aber heute ganz deutlich, und wir sollten nicht zögern, auf unserem Weg umzukehren.
Da Steinbock aber ein konservatives Zeichen ist, können die gegenwärtigen Auseinandersetzungen auch dazu führen, daß in Politik und Gesellschaft noch einmal versucht wird, eine extrem konservative Ordnung zurückzugewinnen. Pluto zeigt ja lediglich die Krise an und das Steinbock-Zeichen ist nicht innovativ. Nach dem Neoliberalismus könnte also jetzt erst einmal der Neokonservatismus kommen. Law and order-Parolen, umfassende Kontrolle der Bevölkerung sowie hartes Durchgreifen der Staatsorgane im Namen der Sicherheit, nationale Alleingänge und nicht zuletzt Suche nach Sündenböcken wären dann angesagt. Zahlreiche rechte Bewegungen vor allem in Europa deuten in eine solche rückwärts gewandte Richtung.
Es hat sich geradezu eine verzweifelte Wut in der Bevölkerung vieler Länder gegen die neoliberale Politik der letzten Jahrzehnte und die dafür verantwortlichen Eliten angestaut, die die Welt durcheinander gebracht und viele Verlierer geschaffen haben. Diese Wut will sich jetzt offenbar entladen, und die Menschen suchen deshalb nicht mehr in erster Linie nach sozialer Gerechtigkeit (das Thema der Linken) sondern nach Ordnung und persönlicher Sicherheit (das Thema der Rechten). Das noch immer wirksame Quadrat von Uranus in Widder zu Pluto in Steinbock symbolisiert diese heftigen Kämpfe. Der Erfolg Erdogans in der Türkei, der Erfolg des Brexit in Großbritannien, der Erfolg der Rechtspopulisten in ganz Europa und nicht zuletzt der Erfolg Donald Trumps bei den Präsidentschaftswahlen in den USA weisen alle in dieselbe Richtung.
Mit einer solchen neokonservativen Politik, die gern selbstdarstellerisch begabte Führungspersonen nach oben bringt, können die anstehenden Probleme natürlich nicht gelöst werden, denn sie wird die kapitalistischen Strukturen nicht angreifen, die die Welt in ihr Dilemma geführt haben. Sie wird damit vor allem das grundlegende und falsche Paradigma vom Vorrang der Freiheit (Uranus) vor allen sozialen Werten (Neptun) verstärken. Dann werden die jetzt noch einmal aufgeschobenen notwendigen Veränderungen erst zu heftigen Zusammenstößen führen, wenn Pluto durch das Wassermann-Zeichen geht. Nicht weil Wassermann für "sozial" steht, sondern weil Pluto in Wassermann das Potential für Revolutionen in sich trägt. Ein dauerhafter Frieden auf der Grundlage von mehr sozialer Gerechtigkeit wird wohl erst von Pluto in den Fischen zu erwarten sein.
Rolf Freitag, Schule für Psychologische Astrologie in Heiligenhaus, 2016
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