Zwischen Terrorismus und Selbstgerechtigkeit
Die Dominanz von Uranus mit Jupiter und Saturn und die dramatischen Folgen
Die Anschläge in Paris und Brüssel waren entsetzlich und grauenvoll. Das Leid der betroffenen Familien und Freunde ist für Außenstehende sicher unvorstellbar. Die Menschen waren geschockt und konnten nur in spontanen Bekundungen der Anteilnahme ("Ich bin Brüssel") versuchen, ihre Fassungslosigkeit etwas zu mildern.
In den eilig zusammengerufenen Talkrunden wurden die Konsequenzen der Terroranschläge erörtert. "Europa ist in seinem Herzen getroffen worden", so hieß es. Von den Politikern und Journalisten war darüber hinaus zu hören, daß der Westen sich seinen freiheitlichen, weltoffenen und demokratischen Lebensstil nicht nehmen lassen dürfe. Das Leben müsse weitergehen. Ein wirklicher Schutz, eine letzte Sicherheit seien nicht möglich. Nur die Zusammenarbeit der Sicherheitsorgane müsse verbessert werden, und hier dachte man vor allem an verstärkte Kontrollen, den internationalen Datenabgleich und eine Vergrößerung des Polizeiaufgebots.
In dem ganzen Durcheinander der Meldungen und Erklärungen war deutlich zu erkennen, daß sich Europa immer noch als der aufgeklärte Kontinent sieht, dessen Wertesystem, nämlich die Freiheit, die Menschenrechte und die technisch-wirtschaftliche Rationalität, von irrationalen Fanatikern voller Haß angegriffen worden war. Die Attitude der Selbstgerechtigkeit war unüberhörbar: Wir sind die Guten. Nirgendwo war eine Stimme zu hören, daß Europa ein völlig falsches Selbstbild von sich zeichnet und diese Terroranschläge eigentlich der deutlichste Hinweis dafür sind, daß mit der Lebensart der Europäer (und des gesamten Westens) etwas fundamental nicht stimmt.
Darf ich hier etwas provozierend fragen: Hat Europa (und die gesamte westliche Welt, allen voran die USA) nicht auch ständig Gewalt in die übrige Welt gebracht? Haben europäische Länder nicht die Afrikaner als Sklaven verschleppt? Vor allem in die USA, das Land der Freiheit und der Menschenrechte? Haben die europäischen Länder die Dritte Welt nicht als Kolonien ausgeplündert? Jahrhunderte lang? Werden dort nicht mit unseren Waffen bis heute Kriege ermöglicht, bei denen es vor allem um unsere Rohstoffe geht? Nehmen wir mit internationalen Verträgen den armen Ländern nicht bis heute die Lebensgrundlagen weg, etwa wenn wir auf ihren Böden Nahrungsmittel für unsere Massentierhaltung anbauen oder mit subventionierten EU-Produkten in ihre Märkte einbrechen? Ist das nicht alles auch Terror, nur auf andere, vor allem wirtschaftliche Weise? Haben wir das alles verdrängt oder vergessen? Und können wir dann noch so naiv entsetzt sein, wenn jetzt dieser unser Terror gegenüber der Dritten Welt, zu der auch die islamischen Staaten gehören, zu uns durch Selbstmordattentäter zurückkehrt?
Die westliche Lebensart ist fundamental nicht in Ordnung. Es ist die Lebensart des Kapitalismus, die seit dem 14. Jahrhundert Europa und von dort die übrige westliche Welt geprägt hat. Es wird gern darüber gestritten, was "Kapitalismus" eigentlich sei, und manche Kommentatoren behaupten sogar, man könne Kapitalismus nicht definieren. Ich meine allerdings, daß das sehr wohl möglich ist und die Astrologie die Antwort sogar präzisieren kann: Das Fundament des Kapitalismus ist die Dominanz der Wassermann-Energie, die (vertikal gesehen) das Interesse an der äußeren, sichtbaren Welt fixiert und in der Übertreibung (ohne Korrektur durch die Fische-Energie) zum Materialismus führt.
Zu jedem Ziel gehört natürlich (horizontal gesehen) die passende Methode, und da materielle Güter immer Streitobjekte sind, muß das Wertesystem des Kapitalismus einen ständigen Kampf der Gesellschaftsmitglieder heraufbeschwören. Das ist der vielgelobte Wettbewerb. Alle kämpfen letztlich gegen alle und in der Konsequenz führt das zu Verhältnissen, die völlig rücksichtslos sind.
Materialismus und Rücksichtslosigkeit sind also die beiden Parameter, für die die (übertriebene) Wassermann-Energie (Uranus) verantwortlich ist. Hinzu kommt allerdings noch die Schütze-Energie (Jupiter), die für eine ungebrochene Dynamik sorgt und die Steinbock-Energie (Saturn), die zusammen mit der Wassermann-Energie die Leistungsbereitschaft ermöglicht. Wassermann, Schütze und Saturn sind also die drei Energien, die in ihrer Dominanz (bei Unterdrückung der Fische-Energie) den Kapitalismus konstituieren.
Auf dieser geistigen Grundlage (Pluto) wurden über die Jahrhunderte Schritt für Schritt die passenden gesellschaftlichen Institutionen (Saturn) geschaffen, z.B. die Gesetze zum Schutz des Privateigentums, das Unternehmensrecht, das Erbrecht, unser Geldsystem usw.. Und was ist daran falsch, so höre ich kritische Zeitgenossen fragen. Hat diese Lebensart nicht unseren Wohlstand ermöglicht und mit ihm dann auch die freiheitlich-demokratische Staatsverfassung? Sind wir nicht ein Rechtsstaat? Gelten bei uns nicht die Menschenrechte? Wollen wir etwa so leben wie die Menschen in der Dritten Welt?
Die Wahrheit ist: Wir können nur so leben, weil die meisten Menschen auf der Welt nicht so leben. Europa und die westliche Welt lebt in einem relativen Wohlstand, weil die Dritte Welt im Dreck versinkt. Unsere rücksichtslose Welteroberung hat auf der anderen Seite Hunger und Elend erzeugt.
Das ist das Gesetz des Kapitalismus: Im Wettbewerb können nicht alle gleichzeitig gewinnen. Der Tüchtigere oder Rücksichtslosere nimmt den Schwächeren die Lebensgrundlagen weg, um selbst komfortabler zu leben. Im Mittelalter haben Handwerker den Fürsten Schlösser gebaut und Bauern haben mit Frondiensten und Abgaben ihnen ein anstrengendes Arbeitsleben erspart. Dann konnten sich diese Herrschaften den schöneren Dingen des Lebens zuwenden, Musik und Literatur pflegen, philosophische Gespräche führen und über den primitiven Pöbel die Nase rümpfen. Nicht viel anders macht es bis heute die westliche Welt mit der Dritten Welt. Sie beutet sie mit wirtschaftlicher Überlegenheit nach wie vor aus, führt sogar ungerechte Kriege und gefällt sich in der Pose der Selbstgerechtigkeit.
Diese Überlegungen sollen nicht leugnen, daß die Machthaber in den armen Ländern eine gehörige Mitschuld am Elend ihrer Völker tragen. Es ist aber so, daß der Westen mit diesen Potentaten aus eigensüchtigen Interessen sehr gut zusammenarbeitet und sie sogar mit militärischen Gütern ausrüstet, damit sie sich gegenüber ihrem Volk behaupten können. Sollten unerwartet einmal Herrscher auftreten, die soziale Ideen verfolgen, die die Armut im Land wirklich bekämpfen wollen und sich dabei vielleicht sogar gegen die Interessen des Westens stellen, dann werden sie ohne Bedenken von ausländischen Söldnern gestürzt. Siehe das Schicksal von Präsident Allende in Chile.
So sieht also meiner Ansicht nach die Schuld des Westens aus, der stolz auf sein Wirtschaftssystem ist, das notwendigerweise den größten Teil der Welt zu Verlierern macht, der stolz auf seine freiheitliche Lebensart ist, die unter den gegebenen kapitalistischen Umständen für die übrige Welt unerreichbar bleibt.
Nun war es in der Vergangenheit so, daß diese beiden Welten deutlich voneinander getrennt gehalten werden konnten und sich nicht wirklich begegneten. Europa und die USA lebten im Schaufenster, die Dritte Welt bildete ihren schmutzigen produktiven Hinterhof. Das hat sich mit der Globalisierung grundsätzlich geändert und hat u.a. dazu geführt, daß das europäische Sozialstaatsmodell aus Gründen des Wettbewerbs mit den aufstrebenden Staaten des Südens weitgehend abgeschafft worden ist. Ein großer Teil der europäischen Bevölkerung lebt inzwischen nicht viel anders als die Menschen in der Dritten Welt. Außerden haben sich inzwischen die Menschen der Dritten Welt in ihrer Hoffnungslosigkeit aufgemacht, als Kriegsflüchtlinge oder auch als Wirtschaftsmigranten nach Europa zu kommen.
Das alles erklärt aber noch nicht den Terror und vor allem nicht seine rücksichtslose Methode, mit der sich Menschen als lebende Bomben in die Luft sprengen, um möglichst viel Furcht und Schrecken zu verbreiten. Hier bekommt nun die Religion des Islam ihre besondere und einmalige Funktion. Der Islam hat von seinem Ursprung her die Eigenschaften, die ihn zu einem natürlichen Feind der westlichen Lebensart machen können. So wie die Parameter des westlichen Kapitalismus Materialismus, Dynamik und Leistungsfähigkeit sind, so sind die Parameter des Islam Religion, Stolz (Ehre) und Gerechtigkeit. Der Islam besitzt einen besonderen Sinn für Gerechtigkeit und fühlt sich in seinem Stolz (Ehre) durch die Behandlung des Westens in der Vergangenheit zutiefst verletzt und beleidigt, zumal er sich durch seine Religion dem Westen ohnehin überlegen glaubt.
Da es im Islam das Ideal des Märtyrers gibt, der nach der islamischen Theologie als einziger sicher sein kann, daß er zu Allah ins Paradies gelangt, kann auf diesem Hintergrund eine terroristische Bewegung entstehen, die den gesamten gottlosen Westen als Feind des Islam ins Visier nimmt. Und sie kann zu einer Methode greifen, nämlich dem Selbstmordattentat, gegenüber der der Westen trotz seiner überlegenen technischen Möglichkeiten hilflos bleiben muß. Der muslimische Attentäter glaubt, zu diesem Kampf verpflichtet zu sein, um durch ihn ein glückliches Leben nach seinem Tod zu gewinnen. Eine typische Aussage radikaler Muslime dafür ist: Ihr liebt das Leben, wir lieben den Tod.
Der Auslöser für den politischen Terrorismus war der Palästina-Konflikt, der nach wie vor ungelöst ist. Israel hat nach dem Krieg 1967 mit seiner rücksichtslosen Landnahme auf der Westbank und im Jordantal eine hilflose Wut der Palästinenser erzeugt. Die Ansiedlung der Siedler auf einem Gebiet, das Israel nicht gehört, eine Ansiedlung, die sogar entgegen den Resolutionen der UN erfolgte, wurde vom Westen ohne Sanktionen geduldet. Gegen die Übermacht des israelischen Staates mit seinen ungerechten Drangsalierungen, gegen die ständigen Demütigungen wurde eine Gegenwaffe gesucht und im Selbstmordattentat gefunden. Diese Waffe wird inzwischen nicht nur gegen Israel sondern gegenüber dem gesamten Westen eingesetzt.
Der Westen hat sich wahrscheinlich nicht vorstellen können, daß es einmal Menschen geben wird, die sich als lebende Bomben in die Luft sprengen. Es ist für die westliche Lebensart einfach nicht nachvollziehbar, es ist für den Westen geradezu verrückt. Für die islamische Lebensart ist es aber sehr wohl vorstellbar.
Islamischer Kalender (Hedschra)
16.7.622 jul. Medina, Saudi-Arabien (Sonnenuntergang)
Wer sich das Horoskop der Islamischen Zeitrechnung (Hedschra) ansieht, das bei Astrologen als Horoskop des Islam gilt, wird sehr schnell erkennen, daß hier die beiden problematischen Veranlagungen des politischen Islam bereits grundgelegt sind. Wir sehen hier einerseits einen beleidigten Stolz bzw. - wie Muslime sagen würden - eine beleidigte Ehre (Löwe- und Krebs-Betonungen in Verbindung mit Mondknoten im Löwen mit Halbsextil zu Neptun, Mond im Löwen mit Halbsextil zu Priapus) und andererseits extrem aggressive Stellungen (AC im Steinbock, Herrscher Saturn mit Halbsextil zu Uranus, Pluto Konjunktion Lilith mitten im Widder und Lilith mit Anderthalbquadrat zu Uranus Spitze 8). Und da sich Jupiter im Fische-Zeichen befindet und eine Verbindung zu Neptun besitzt, dieser Neptun aber direkt neben Uranus steht und ein Anderthalbquadrat zu Pluto im Widder bildet, kann diese Aggressivität auch selbstzerstörerisch inszeniert werden, und zwar aus religiösen Motiven (Jupiter in Verbindung mit Neptun).
Beleidigter Stolz und selbstzerstörerische Aggressivität mit religiösem Hintergrund sind also nicht untypisch für den Islam. Sie gehören zu ihm seit seiner Entstehung und haben wahrscheinlich schon beim Auszug des Propheten Mohamed aus Mekka eine Rolle gespielt.
Die Aggressivität islamistischer Muslime hat also durchaus religiöse Gründe und die Terror-Miliz IS kann sich insofern auf den Ursprung des Islam berufen. Es handelt sich deshalb bei den Selbstmordattentätern auch nicht nur um sozial deklassierte junge Männer, die im Leben nichts mehr zu erwarten haben. Zum IS stoßen sogar gebildete Menschen aus der bürgerlichen Gesellschaft, die den Islam als Protestreligion gegen den kapitalistischen Westen entdeckt haben.
Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß die meisten Opfer der Terroranschläge Muslime sind. Die Terror-Miliz will den Westen treffen, aber auch die mit dem Westen verbündeten Staaten und Herrscherhäuser. Ihr ist der ganze verwestlichte Islam ein Dorn im Auge. Dabei wird inkauf genommen, daß unbeteiligte Muslime als Kollateralschaden zu Tode kommen.
Was bleibt in dieser Situation Europa und dem Westen zu tun? Um die Verbesserung der notwendigen Sicherheitsvorkehrungen müssen sich die Fachleute kümmern. Dagegen wird niemand ernsthaft etwas einzuwenden haben. Aber das ist eben letztlich nicht genug. Die sozialen Ungerechtigkeiten, auf denen der sogenannte Fortschritt des Westens beruht, müssen beseitigt werden. Wenn der Westen zu keiner größeren Gerechtigkeit fähig ist als in seiner Vergangenheit, wird der Terrorismus nicht gestoppt werden können. Und damit muß die kapitalistische Wirtschaftsform selbst kritisch hinterfragt werden, denn sie hat die weltweite Ungerechtigkeit der Lebensverhältnisse erzeugt. Sie hat Armut und Elend in der Dritten Welt zur Voraussetzung des westlichen Wohlstands gemacht.
Dieses Argument kann auch nicht dadurch entschärft werden, daß der Westen mit einem gewissen Stolz darauf verweist, daß die Erfindungen und der wirtschaftliche Wohlstand allein von ihm im kapitalistischen Geist entwickelt worden sind. Der Westen sieht sich mit seiner uranisch-saturnischen Prägung als der Leistungsträger der modernen Welt und hält den Muslimen vor, daß sie dazu mit ihrer neptunisch-saturnischen Mentalität offensichtlich nicht in der Lage waren. Aber ein wirtschaftlich leistungsfähigeres System darf niemals das schwächere System ausbeuten oder unterdrücken. Neptun bleibt auch hier die Grenze für Uranus. Kein Staat darf mit seiner Tüchtigkeit (oder besser: Rücksichtslosigkeit) anderen Menschen die Lebensgrundlagen streitig machen. Das sollte gerade eine Kultur verstehen, die sich christlich nennt. Papst Franziskus hat in seiner Enzyklika "Evangelii gaudium" im Hinblick auf das westliche Wirtschaftssystem die deutliche Formulierung gebraucht: "Diese Wirtschaft tötet!"
Wenn sich die Muslime (schon vor Jahrhunderten) dem wassermännischen Geist nicht in derselben Weise zugewendet haben wie die Westler, dann hätte ihnen schon damals beim Aufbau der Moderne uneigennützige Hilfe angeboten werden müssen. Ohne solche Hilfe mußte die technisch-wirtschaftliche Überlegenheit des Westens für die muslimischen Länder und die gesamte Dritte Welt zum Terror werden.
Meine Position befindet sich also zwischen der aggressiven Verweigerung der Moderne durch den Islam (der im Islamismus zum Terrorismus geführt hat) und der hemmungslos dynamischen Entwicklung der Moderne durch den Westen (die weltweit eine soziale Spaltung in Reiche und Arme und die Zerstörung der Umwelt erzeugt hat). Beide Positionen erscheinen mir als extrem und letztlich nicht durchhaltbar zu sein. Mit dem islamistischen Terror kommt jetzt der kapitalistische Terror des Westens in anderer Form nach Israel, in die USA und nach Europa zurück. Die Globalisierung macht es möglich. Wenn wir ehrlich sind, müssen wir sogar sagen: Bisher - Gott sei Dank - nur in homöopathischen Dosierungen. Was der Westen an Unrecht getan hat und immer noch tut, wird damit längst nicht aufgewogen. Können wir das selbstkritisch einsehen? Es sieht nach den Reaktionen auf Paris und Brüssel nicht danach aus. Wir sind immer noch voller Selbstgerechtigkeit und fühlen uns als die Guten.
Rolf Freitag, Schule für Psychologische Astrologie in Heiligenhaus, 2016
Vervielfältigung mit Angabe des Verfassers gestattet
Als grundlegende Lektüre zum Problem der westlichen kapitalistischen Lebensart empfehle ich folgendes Buch, das kürzlich erschienen ist:
Fabian Scheidler "Das Ende der Megamaschine. Geschichte einer scheiternden Zivilisation"