Grundsätze meiner Astrologie
Die Lebensenergien des Horoskops müssen ausgeglichen gelebt werden
Die Lebensenergien eines Menschen, wie sie das Horoskop beschreibt, müssen sich in der Realität manifestieren. Werden bestimmte Energien nicht gelebt, entsteht entweder ein aggressiver Stau, der zu Kompensationshandlungen führt, oder der Mensch wird im Laufe der Zeit körperlich (psychosomatisch) krank.
Andererseits dürfen Energien des Horoskops bei ihrer Realisierung auch nicht an andere Energien einfach angelagert werden (Instrumentalisierung), weil dann eine Schieflage durch Übertreibung bzw. Untertreibung entsteht, die der Realität ebenfalls nicht gerecht wird und damit zu neurotischem Fehlverhalten führt. Die Energien müssen also in eine Balance gebracht werden und in der Weise gelebt werden, wie sie im Horoskop aufgezeichnet stehen. Der Mensch muß werden, was er ist. Das ist sein Weg in die Mitte.
Auf diesem Weg werden sich allerdings die Manifestationsebenen der Energien im Laufe des Lebens ändern. Normalerweise betont der Mensch am Anfang seines Lebens mehr die körperlich-vitale Ebene, um dann später über die seelisch-geistige Manifestation bis hin zur spirituell-religiösen Verwirklichung zu gelangen. Der Weg kann aber auch teilweise entgegengesetzt verlaufen, vor allem dann, wenn der betreffende Mensch sehr stark von neptunischen (Fische) Energien geprägt ist.
Die Lebensenergien werden den Menschen jeden Tag neu geschenkt
Da sich die Konstellationen unseres Planetensystems ständig ändern, ändert sich auch das Kraftfeld der Lebensenergien auf unserer Erde. Die Astrologen nennen diese Wahrheit die Zeitqualität des Lebens. Zeit ist also nicht nur ein quantitativer Maßstab für Veränderung, sondern sie hat auch immer einen ganz bestimmten Inhalt, der sich astrologisch beschreiben läßt.
Die so verstandene Zeitqualität ist nichts anderes als die konkrete Beschreibung der Erfahrung, die die Theologen "Erhaltung und Entwicklung der Schöpfung" genannt haben. Für den einzelnen Menschen bedeutet sie, daß die Lebensgrundthematik, wie sie sein Geburtshoroskop zeigt, durch Progressionen und Transite einerseits erhalten und zugleich dynamisch weitergeführt wird.
Die Summe der Lebensenergien ist bei allen Menschen gleich groß
Da die Energien symbolisch durch die Planeten und sensitiven Punkte vermittelt werden, die in den jeweiligen Tierkreisabschnitten und Häusern stehen und durch entsprechende Aspekte miteinander verbunden sind, und da in diesem Sinne jeder Mensch ein vollständiges Horoskop besitzt, empfängt jeder dieselbe Gesamtmenge an Energie. Niemand wird bevorzugt, niemand kommt zu kurz.
Es gibt nur leichter zu lebende bzw. schwerer zu lebende Konstellationen, die dann aber immer auch besondere Chancen enthalten. Insofern führt die astrologische Einsicht den Menschen zur Toleranz gegenüber den Begabungen seiner Mitmenschen und zur Bescheidenheit gegenüber seiner eigenen Veranlagung.
Konkrete Ereignisse und Verhaltensweisen können nicht vorausgewußt werden
Der Astrologe kann zwar bestimmte, besonders wichtige Zeitabschitte (Trends) im Leben eines Menschen erkennen, er kann aber nicht diesen Zeitabschnitten konkrete Ereignisse zuordnen. In den meisten Fällen ist es vielmehr so, daß Ereignisse überraschend von außen kommen, um eine innere Energiesituation herauszufordern und auszulösen.
(vgl. den Text Voraussage von Ereignissen?)
Diese Ereignisse passen dann zwar zur inneren Energiesituation, sie lassen sich aber trotzdem nicht im vorhinein erkennen. Das menschliche Schicksal bleibt unverfügbar. Ein klares Bild von dem, was sich im Leben eines Menschen bewegen soll, entsteht immer durch die Verbindung beider Seiten: der inneren Energiesituation, wie sie durch das Horoskop mit seinen Progressionen und Transiten beschrieben wird, und den von außen kommenden überraschenden Ereignissen.
Dasselbe gilt für die Verhaltensweisen eines Menschen. Der Astrologe kann nicht wissen, auf welcher Manifestationsebene der Horoskopeigner seine Energien lebt. Er kann auch nicht wissen, ob bestimmte Energien verdrängt werden, was immer dazu führt, daß andere Energien übertrieben zur Geltung kommen. Energien können sogar vollkommen von der bewußten Lebensebene verschwinden und sich dann unbewußt in organischen Störungen (Psychosomatik) manifestieren.
Auch in Krisenzeiten, die durch Progressionen und Transite angezeigt werden, muß sich nicht immer sofort etwas Besonderes ereignen, das von außen sichtbar ist. Die Wirkungen dieser Energien können genauso gut erst einmal nur nach innen gehen und dort verschüttete Kanäle freigraben, so daß verdrängte Energien später auf einer tieferen Ebene wieder fließen können.
Die Befreiung unterdrückter Lebensenergien ist nur durch Leid möglich
Unter den Bedingungen des Elternhauses hat jeder Mensch als kleines Kind Entscheidungen über Verhaltensmuster getroffen, die ihm die Zuwendung seiner Eltern einbrachten und ihm so das seelische Überleben ermöglicht haben (Theorie des Lebensskript der Transaktionsanalyse). Auf diese Weise wurden von ihm die Energien seines Horoskops auf eine bestimmte, wenn auch neurotische Weise entwickelt und geordnet. Durch ständige Wiederholungen entstand schließlich eine verfestigte Verhaltensstruktur (Charakter), die auch im Erwachsenenleben zunächst beibehalten wird (Wiederholungszwang).
Wenn das Leben diese Verhaltensweisen später infragestellt, entwickelt jeder Mensch genau dieselben panischen Ängste, die er als kleines Kind erlebt hat, als er befürchtete, die Zuwendung seiner Eltern zu verlieren. Diese an sich verständlichen Angstbarrieren hemmen unsere Selbstverwirklichung und blockieren die Energie. Hier haben also die Eltern durch ihre Erziehung neben vielem Guten auch ein schwieriges Erbe hinterlassen (Erbsünde), das im Laufe des Lebens bewußt gemacht und dann verändert werden muß.
Die einzige durchgreifende Möglichkeit, solche Blockaden aufzuheben, besteht darin, daß wir das Leid, das mit den falschen Verhaltensmustern zwangsläufig verbunden ist, ohne Angst zulassen und uns dann den panischen Ängsten stellen, die wir erleben, wenn wir unser Lebensskript ändern wollen. Normalerweise versuchen jedoch alle Menschen zunächst, sich mit vielen Tricks und Ausreden (Psychospiele) um die Erfahrung dieses transformierenden Leids zu drücken.
Das kleine Kind hat also seine neurotischen Verhaltensmuster durch leidvolle Erfahrungen im Elternhaus entwickelt und tief im Gefühl gespeichert. Diese Gefühlsspeicher können ihrem Charakter entsprechend nicht allein durch Erklärungen, sondern wiederum nur durch tiefgehende Gefühlserfahrungen aufgebrochen werden. Aus diesem Grund führt kein Weg an leidvollen Lebenserfahrungen im Erwachsenenleben vorbei, wenn die Energien des Horoskops neu geordnet werden sollen.
Leidvolle Erfahrungen allein helfen aber auch nicht und können sogar zu tiefgehenden Depressionen führen. Entscheidend für eine positive Verarbeitung des Leids ist das Vertrauen, das auch im Schmerz und in der Enttäuschung nicht aufgegeben werden darf. Der Glaube, daß das Leben es letztlich gut mit uns meint, muß als Überzeugung den Schmerz noch umgreifen. Das ist letztlich eine religiöse Haltung, ohne die meiner Meinung nach eine seelische Gesundheit nicht möglich ist.
Die Beratung muß dem Klienten einen Weg zur Verinnerlichung anbieten
Energien, die in einem Spannungsverhältnis zueinander stehen, lassen sich auf einer körperlich-vitalen Ebene nicht sicher integrieren. Hier besteht immer die Gefahr von Übertreibungen und Verdrängungen bzw. das unbewußte Abschieben nicht gelebter Energien in den psychosomatischen Bereich. Eine dauerhafte Integration des Horoskops kann nur auf einer geistig-seelischen bzw. spirituell-religiösen Ebene gelingen. Integration und Verinnerlichung gehören also zusammen. Die wichtigste Aufgabe einer astrologischen Beratung sehe ich darin, mit den Klienten gemeinsam einen Weg zu finden, um die Energien des Horoskops auf einer tieferen Manifestationsebene zu leben. Dieser Weg nach innen, der zugleich ein Weg in die Mitte ist, setzt allerdings die Bereitschaft voraus, daß die Menschen ihren leidvollen Lebenserfahrungen nicht ausweichen.
Rolf Freitag, Schule für Psychologische Astrologie in Heiligenhaus, 2011
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