Gesinnungsethik und Verantwortungsethik
Neptun und Uranus in der politischen Moral
Der begriffliche Unterschied zwischen einer "Gesinnungsethik", die einem Ideal verpflichtet ist, und einer "Verantwortungsethik", die zum pragmatischen Handeln auffordert, wurde von dem Soziologen Max Weber eingeführt. Die Berechtigung einer solchen Unterscheidung wird heute eigentlich von keinem Politiker infrage gestellt. Gestritten wird allerdings über den Anteil, den die Gesinnung in der praktischen Politik einnehmen sollte.
Im Streit zwischen Idealisten und politischen Pragmatikern wird aber oft wie selbstverständlich unterstellt, daß Idealisten immer ein menschenfreundliches Ideal vertreten. Das ist aber keineswegs der Fall, wie die Geschichte zeigt. Ein "Ideal" ist zunächst lediglich ein Grundsatz, nach dem sich das zwischenmenschliche Verhalten orientieren soll. Und dieses Ideal kann sehr unterschiedlich formuliert werden und auch auf einem äußert niederen sittlichen Niveau angesiedelt sein.
In frühgeschichtlichen Stammesgesellschaften z.B. galt der Grundsatz, daß ein Mensch im Vollsinn nur der Stammesgenosse sein kann. Entsprechend wurden Mitglieder anderer Stämme bekämpft und auch ohne Gewissensprobleme umgebracht. Für Vergehen innerhalb des Stammes bestimmte die lex talionis das Verhalten, die Regel "Auge um Auge, Zahn um Zahn", also eine reine Vergeltungsmoral, wie sie uns noch im Alten Testament begegnet (2. Mose 21,23-25), wobei diese Regel bereits eine Einschränkung der ansonsten üblichen hemmungslosen Rache bedeutete.
Von dieser primitiven Moral der Frühzeit hat sich ein Teil Menschheit inzwischen sehr weit entfernt. Den entscheidenden Einfluß haben dabei die monotheistischen Religionen von Judentum und Christentum ausgeübt. Der Glaube an den einen Gott, der alles geschaffen hat, der im Judentum grundgelegt wurde und im Christentum mit dem Glauben an die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus noch einmal radikalisiert wurde, legte das Fundament für die Anerkennung der Menschenwürde für alle Menschen. (Zu einem ähnlichen moralischen Ergebnis führte das Erleuchtungserlebnis Buddhas, der seine Anhänger lehrte, allen Menschen mit tiefem Mitgefühl zu begegnen.)
Der Autor Manfred Lütz beruft sich in seinem Buch "Der Skandal der Skandale – Die geheime Geschichte des Christentums" auf den Frankfurter Soziologen Karl O. Hondrich mit den Worten "(Er sieht) in der christlichen menschheitsumfassenden Brüderlichkeitsethik eine gewaltige Leistung der prophetischen Erlösungsreligion und einen ungeheuerlichen Affront gegen alle bekannte Moral, die immer der eigenen Sippe den Vorrang gegeben habe." Lütz fährt dann fort: "Noch der moderne Nationalismus hat wieder das Volksblut propagiert und daraus seinen nationalen Chauvinismus genährt. Dagegen heißt es im Kolosserbrief, es gebe jetzt nicht mehr »Juden und Griechen, Beschnittene und Unbeschnittene, Fremde, Skythen, Sklaven und Freie«, all diese Schranken seien im christlichen Glauben überwunden, und im Johannesevangelium steht dafür die provokative Begründung: Die Christen seien alle gleichermaßen Kinder Gottes, weil sie »nicht aus dem Blut, nicht aus dem Willen des Fleisches, nicht aus dem Willen des Menschen«, sondern »aus Gott geboren« (Joh 1,13) seien. Die für Christen gewohnt klingenden Worte waren damals eine moralische Revolution".
Noch radikaler klingt die Botschaft der Bergpredigt von der Feindesliebe. Die Fähigkeit zur Toleranz wird damit auf die äußerste Probe gestellt. Aber sie liegt in der inneren Logik des Christentums: Wenn Gott unser Vater ist, dann sind die Mitmenschen unsere Brüder und sie bleiben es auch noch dann, wenn sie uns mit ihren Ansichten und Taten im Wege stehen.
In der Geschichte des Christentums wurde dieses hochstehende Ideal natürlich immer wieder verraten, wie man es von Menschen nicht anders erwarten konnte. Es hat aber auch Reformbestrebungen gegeben, die das Ideal wieder aufrichten wollten. Die Reformation im 16. Jahrhundert mit ihrer Betonung der Gewissensfreiheit und die Aufklärung im 18. Jahrhundert mit ihrer Betonung der Menschenrechte gehören dazu. Sie stehen im Grunde auf dem Boden des urchristlichen Ideals der allgemeinen Menschenliebe, auch wenn sie mit der alten Kirche (Luther) und später mit dem Christentum insgesamt (Aufklärung) gebrochen haben.
Erst die postmoderne Neuzeit hat eine Moral etabliert, die absolut antichristlich ist. Jetzt gilt im Namen einer verabsolutierten Liberalität der Grundsatz "Jeder ist sich selbst der Nächste" oder – etwas origineller formuliert – "Wenn jeder an sich selbst denkt, dann ist an alle gedacht". Das Ergebnis ist ein Kampf aller gegen alle.
Ich zitiere diesen radikal egoistischen Grundsatz, der (oft unausgesprochen) unser heutiges gesellschaftliches und vor allem wirtschaftliches Leben bestimmt, um ganz deutlich zu machen, daß der christliche Grundsatz "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst" eine unerhörte Überforderung des Menschen zu sein scheint. Er ist alles andere als selbstverständlich. Es bedarf der äußersten moralischen Anstrengung, sich immer wieder als Christ auf diesen Grundsatz zu besinnen und sich im Leben entsprechend zu bewähren.
An dieser Stelle ist nun unbedingt eine Klarstellung erforderlich, damit nicht gerade idealistisch orientierte Menschen in die Irre gehen. Das christliche Menschenbild mit seiner Moral, die in der Bergpredigt gipfelt, ist keine unmittelbare Handlungsanweisung, wie oft unterstellt wird. Es handelt sich dabei um einen Grundsatz, also um die rechte Gesinnung, die unser Handeln bestimmen soll. Das Handeln selbst muß sich umfassender orientieren. Eine direkte Umsetzung der christlichen Gesinnung eins zu eins im Alltag ist nicht möglich. Die Bergpredigt ist also reine Gesinnungsethik. Zu diesem schwierigen Problem möchte ich jetzt etwas zur Klärung beitragen.
Im Neuen Testament sagt Jesus "Mein Reich ist nicht von dieser Welt". Zu diesem Reich gehört die von ihm geforderte Gesinnung der Nächsten- und Feindesliebe. Die Christen sollen sich diesem Reich, das inwendig ist, zugehörig fühlen, aber sie müssen gleichzeitig in einer Welt leben, die unter der Macht der Sünde steht, also nach ganz anderen, nämlich egoistischen Gesetzen organisiert ist. Der Apostel Paulus schreibt dazu, daß die Christen "in der Welt, aber nicht von der Welt" sein sollen.
Die Christen in der frühen Kirche der Antike erfuhren diese Widersprüchlichkeit z.B. bei der Frage, ob ein Christ weiter als Soldat dem römischen Staat dienen dürfe. Das Handwerk eines Soldaten besteht im Kampf und letztlich im Töten seiner Gegner und ist damit das genaue Gegenteil von dem, was die Bergpredigt Jesu nahelegt. Die Frage wurde heftig diskutiert und am Ende von der Kirche so entschieden, daß kein bestimmter Beruf grundsätzlich durch das Evangelium verboten ist.
In diesem Sinne haben sich dann die christlichen Kaiser des Abendlandes als Verteidiger der Christenheit gegen äußere Bedrohungen gesehen und selbstverständlich im Namen Christi zum Schwert gegriffen. Waren sie im Recht? Ich denke, ja. Wenn damit auch nicht jede einzelne Aktion gerechtfertigt ist.
Es lohnt sich zur Klärung des schwierigen Konflikts zwischen Gesinnungs- und Verantwortungsethik über den gerechten Krieg nachzudenken. In der unabhängigen und gemeinnützigen Nichtregierungsorganisation Berghof Foundation finden wir zum Stichwort "Gerechter Krieg" zunächst folgende grundsätzliche Beschreibung:
"Gerechter Krieg (lat. bellum iustum), eine auf römische Wurzel (Cicero) zurückgehende, von Augustinus und Thomas von Aquin wirkungsmächtig weiterentwickelte und in der spätscholastischen Theologie verfeinerte, in die völkerrechtliche Diskussion ausstrahlende und bis heute maßgebliche ethische Theorie, die Prinzipien für die normative Beurteilung zwischenstaatlicher Gewaltanwendung enthält."
Des Weiteren wird dort unterschieden zwischen dem "Recht zum Krieg" und dem "Recht im Krieg" und zusammenfassend wird festgestellt:
"ein Krieg sei dann gerechtfertigt, wenn er
- von der staatlichen Gewalt (also nicht illegal) erklärt werde,
- um einer gerechten Sache willen geführt werde (also nicht der Verteidigung eines bestehenden Unrechts diene),
- gegen einen ungerechten Angriff gerichtet (also nicht präventiv) sei,
- mit Mitteln geführt werde, die nicht selber Unrecht schüfen (z.B. Unschuldige in die Kampfhandlungen einbezögen), und die
- eine gewisse Aussicht auf Erfolg hätten (also nicht sinnlos Menschen opferten).
Es müssen zufolge der Lehre vom gerechten Krieg mithin die Kriegsmacht, das Kriegsziel, der Kriegsgrund, das Kriegsmittel und die kalkulierbare Kriegsfolge moralisch legitimiert sein."
Ich zitiere die Berghof Foundation deshalb so ausführlich, weil hier zweierlei deutlich wird:
1. Die Verhältnisse in der Welt, gerade in Extremfällen, sind so kompliziert, daß nach einer pragmatischen Lösung gesucht werden muß. Das Handeln allein nach der idealen christlichen Gesinnung reicht nicht aus.
2. Die christliche Gesinnung bleibt trotzdem als grundlegende Orientierung wirksam und führt zu ganz anderen Ergebnissen als nichtchristliche Grundsätze.
Das läßt sich sehr leicht beweisen, wenn man z.B. die muslimische Sicht der Dinge der christlichen entgegenstellt. Der Der Islam versteht sich als politische Religion, und es ist die seit Mohamed geübte Praxis, daß im Namen dieser Religion, die sich allein für die rechtgläubige hält, nichtgläubige Völker unterworfen werden dürfen. "Islam" heißt zu Deutsch "Unterwerfung". Eine Lehre vom "Gerechten Krieg" mit den Einschränkungen der christlichen Moral gibt es im Islam nicht.
Es kann allerdings bezweifelt werden, ob je ein Krieg, der von christlichen Staaten geführt wurde, ein "Gerechter Krieg" nach den oben zitierten fünf Grundsätzen gewesen ist. Auch der Verteidigungskrieg der Alliierten gegen Hitler-Deutschland, der sicher zunächst als "Gerechter Krieg" begonnen wurde, ist in seinem Verlauf entgleist und hat auch auf Seiten der Alliierten zu sinnlosen Racheakten und zu Gräueltaten gegenüber der Zivilbevölkerung geführt. Das liegt leider in der Dynamik von Kriegshandlungen. Trotzdem ist der theoretische Versuch einer Bändigung von ungezügelter kriegerischer Gewalt nicht sinnlos. Mag er auch, wenn Kriegshandlungen einmal ausgebrochen sind, nicht mehr viel bewirken, so bremst er doch die Bereitschaft zu Kriegen.
Die Lehre vom Gerechten Krieg bezeugt damit die Wirksamkeit christlicher Prinzipien in einem schwierigen Konfliktsfeld. Sie zeigt aber auch die Notwendigkeit, neben idealen christlichen Grundsätzen die problematische Situation und die beteiligten Menschen in die Überlegung mit einzubeziehen. Erst dann ist der Weg von einer Gesinnungsethik zu einer Verantwortungsethik zu Ende beschritten. Ich habe diese drei Faktoren in Form eines Dreiecks gezeichnet.
(siehe das Schaubild Verantwortungsethik)
Das Dilemma der christlichen Ethik zeigt sich darin, daß diese Ethik einerseits bewußt die Welt verändern will, ihre Vertreter andererseits aber gezwungen sind, in dieser Welt zu leben. Diese Schwierigkeit haben die Vertreter etwa einer vorchristlichen Vergeltungsethik oder die Vertreter einer modernen Beliebigkeitsethik nicht. Diese Menschen leben in ihrer Gesellschaft wie ein Fisch im Wasser.
Ein Christ könnte es natürlich darauf anlegen, mit radikaler Prinzipientreue die herrschende Gesellschaft herauszufordern. Das kann er eventuell tun, wenn er nur für sich allein verantwortlich ist. Er wird dann ähnlich wie Jesus verfolgt werden und – wenn er genügend Einfluß gewinnen sollte – sein Leben durch die Herrschenden verlieren. Jesus hatte keine Familie und er war kein Staatsmann. Sein Amt war das lebendige Zeugnis für das Reich Gottes im Menschen und die Erlösung der Menschheit durch Kreuz und Auferstehung. Damit wude bezeugt, daß Gott selbst im tiefsten Leid bei den Menschen anwesend ist und sie durch den Tod hindurch in die Ewigkeit rettet. Dieses Erlösungswerk zu vollbringen, in Gestalt des verheißenen Messias der Juden, war einmalig und unwiederholbar. Wir Menschen können uns nicht eine solche Rolle anmaßen.
Wer Verantwortung für eine Familie hat oder gar ein ganzes Land regiert, muß jedenfalls pragmatisch handeln. Er soll die ihm Anvertrauten in der Welt beschützen und muß aus diesem Grund mit der Welt Kompromisse schließen. Deswegen erscheinen solche Menschen immer merkwürdig inkonsequent zu handeln (das nennt man Diplomatie), und man kann von außen schwer entscheiden, ob sie ihre christlichen Grundsätze verraten haben oder nicht. Sogenannte "Gutmenschen" wollen sich dagegen eindeutig verhalten und entziehen sich damit dem schwierigen Geschäft einer pragmatischen Verantwortungsethik.
(vgl. meinen Artikel Idealistische oder pragmatische Politik?)
Nun wird eine solche Verantwortungsethik noch einmal erschwert, wenn es sich nicht um die üblichen Verhältnisse handelt, die von aktiver Gewalt geprägt sind, sondern wenn Menschen versuchen, mit passiver Aggressivität ihre Ziele zu erreichen. Solche Fälle gibt es, und sie sind gar nicht so selten.
Die Politologin Kelly M. Greenhill hat zu diesem Problem 2010 das Buch geschrieben "Massenmigration als Waffe", das 2016 in deutscher Sprache im Kopp-Verlag erschienen ist. Sie erklärt an zahlreichen Beispielen die Mechanismen einer Erpressung durch Flüchtlingsströme und setzt an den Anfang ihres 1. Kapitels das Zitat von Samar Sen, Indiens Botschafter bei den Vereinten Nationen:
"Wenn Aggression gegen einen fremden Staat bedeutet, daß sie dessen Gesellschaftsstruktur belastet, daß sie seine Finanzen ruiniert, daß er Territorium für die Aufnahme von Flüchtlingen bereitstellen muß … wo liegt dann der Unterschied zwischen dieser Art der Aggression und der anderen Art, der klassischen Art, bei der jemand einen Krieg erklärt oder etwas Ähnliches?" (S. 29)
Vernünftigerweise wird man wohl antworten, daß es da keinen wirklichen Unterschied gibt, aber es dürfte sofort klar sein, daß Menschen mit christlichen Prinzipien hier besondere Schwierigkeiten haben, pragmatisch zu handeln. Das gilt in ähnlicher Weise auch für Menschen, die agnostisch oder atheistisch orientiert sind, jetzt aber die Menschenrechte, die Flüchtlingskonvention und den Rechtsstaat hochhalten.
Die Flüchtlingskrise von 2015/16 in Deutschland hat das Problem einer Massenmigration offenbar gemacht, und es ist bis heute nicht gelöst. Einem pragmatischen Handeln im Sinne einer Verantwortungsethik stehen hier einige Hindernisse im Weg:
Unbewaffnete Migranten wirken zunächst nicht aggressiv, ganz im Gegenteil, sie gelten als "Flüchtlinge" und deshalb als besonders schutzbedürftig. Man sieht ihnen von außen meistens nicht an, ob sie illegale Eindringlinge oder echte Flüchtlinge sind.
Demokratien sind Rechtsstaaten und müssen Migranten, die Asyl beanspruchen, erst einmal ins Land lassen und dann in einem langwierigen Verfahren prüfen, ob ein Recht auf Asyl besteht. Sollte in diesem Verfahren festgestellt werden (in Deutschland unter Umständen durch zwei Instanzen der Verwaltungsgerichtsbarkeit), daß der Betreffende kein "Flüchtling" sondern ein illegaler Eindringling ist, besteht trotzdem kaum die Möglichkeit der Abschiebung, weil die Heimatländer ihre Leute nicht zurücknehmen. In Deutschland werden solche Migranten dann als "geduldete Flüchtlinge" geführt, die nach sechs Jahren Bleiberecht erhalten. Davon leben bei uns zur Zeit etwa 700.000.
Liberale Demokratien sind pluralistisch aufgestellt. Es gibt verschiedene Parteien und zahlreiche NGOs, die sich zu Flüchtlingsströmen gegensätzlich positionieren. Die jeweilige Regierung ist von diesen gesellschaftlichen Kräften abhängig und wird dadurch in ihrem Handeln eingeschränkt.
Die Zielländer einer Migration haben ein denkbar schlechtes Gewissen auf Grund ihrer Vergangenheit. Hierzu gehören die frühere Versklavung der Eingeborenen und die koloniale Unterdrückung der Völker, aus denen jetzt die Migranten kommen, die noch immer bestehenden ungerechten und ausbeuterischen Handelsbeziehungen sowie die Beteiligung an Kriegen für Rohstoffe und geopolitische Interessen. Deutschland ist darüber hinaus besonders belastet durch seine NS-Vergangenheit und seine Schuld am 2. Weltkrieg.
Das alles stellt eine besondere Herausforderung für eine Verantwortungsethik dar. Die christliche Moral als Grundlage einer solchen Verantwortungsethik hat einerseits gerade in Deutschland das Problem, sich gegenüber einer modernen hedonistischen Beliebigkeitsethik zu behaupten. Andererseits verweisen nun gerade die politischen Eliten in Deutschland, die sonst mit dieser Beliebigkeitsethik und der damit verbundenen wirtschaftlichen Rücksichtslosigkeit (Neoliberalismus) durchaus konform gehen, ausgerechnet bei der Flüchtlingsfrage auf christliche Grundsätze und erwarten damit eine reine Gesinnungsethik.
Im Grunde handelt es sich bei der Verantwortungsethik um die rechte Balance zwischen Neptun und Uranus. Menschen, die sehr stark von Uranus (Wassermann- Energie) geprägt sind, neigen dazu, sich aggressiv durchzusetzen. Im wirtschaftspolitischen Bereich führt eine Übertreibung dieser Energie zum Verhalten des Neoliberalismus, also zu einer Überbetonung des Wettbewerbs, zum Glauben an die Märkte und zur Spaltung der Gesellschaft in Reiche und Arme. Diese Menschen orientieren sich an der Verschiedenheit aller. Sie sind aber andererseits durchaus in der Lage, ihr Recht als Volk auf einen eigenen Siedlungsraum zu verteidigen.
Menschen, die sehr stark von Neptun (Fische-Energie) geprägt sind, neigen dazu, sich rücksichtsvoll und hilfsbereit zu verhalten. Im wirtschaftspolitischen Bereich führt eine Übertreibung dieser Energie dazu, allen Menschen - unabhängig von ihrer Leistung - dasselbe zukommen zu lassen. Diese Menschen betonen die Gleichheit aller. Sie verteidigen den sozialen Rechtsstaat, sind aber in der Gefahr, sich als naive Gutmenschen ausnutzen zu lassen. Bei einer illegalen Massenmigration scheuen sie davor zurück, sich gegen eine Überfremdung mit Gewalt zu wehren.
Es geht also darum, weder ein naiver Gutmensch noch ein rücksichtsloser Fremdenhasser zu sein. Es ist wohl die Tragik der deutschen Politik, daß sich gerade mit den Parteien Die Linke und der AfD die neptunisch geprägten Menschen mit den uranisch geprägten verständnislos gegenüberstehen. Das liegt an der fanatischen Übertreibung der eigenen Position. Die einen beschimpfen ihre Gegner mit "links-grüne Spinner", die anderen antworten mit "braune Rassisten". Es scheint keine Verständigung zu geben. Dabei zeigt das hier angegebene Verständigungsquadrat (nach dem Kommunikationsforscher Schulz von Thun, "Miteinander reden" Nr.3, S. 175ff), daß durchaus eine Möglichkeit besteht. Beide Seiten müßten nur von ihrem hohen Roß der Verachtung des anderen herunter und den gesunden Kern hinter der Übertreibung ihres politischen Gegners entdecken.
Es ist schwer, hier einen klaren Kopf zu bewahren. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel war dazu 2015 offensichtlich nicht in der Lage, als sie das Land einem Massenansturm von Migranten schutzlos auslieferte. Seitdem wird unter ihrer Duldung versucht, die Lage wieder in den Griff zu bekommen. Ob das aber ihrer neuen Regierung gelingt, wenn im Sommer 2018 vielleicht ein neuer Ansturm von Migranten über das Mittelmeer einsetzt, bleibt mehr als zweifelhaft.
Rolf Freitag, Schule für Psychologische Astrologie in Heiligenhaus, 2018
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