Die Energien des Lebensgrundes

Die Energien des Lebensgrundes werden durch die Planeten jenseits von Saturn symbolisiert. Es handelt sich um folgende Planetenenergien:

Chiron:
Vernunft, Ordnungssinn, Unterscheidungsvermögen
 
Uranus:
Freiheit, Erregung, Distanz
 
Neptun:
Rücksicht, Mitgefühl, Nähe
 
Pluto:
Bindung, Liebe, Fixierung

Alle diese Energien stellen das Anpassungssystem von Saturn grundsätzlich infrage. Sie dürfen allerdings nicht dazu benutzt werden, die saturnische Struktur völlig zu mißachten. Vielmehr erhält die Energie von Saturn durch sie den notwendigen vorläufigen Charakter. Sie wird durch die vier transsaturnischen Planeten immer wieder aufgebrochen und verändert, so daß ein neues System des Verhaltens entstehen kann.

(vgl. das Schaubild Saturn und transsaturnale Energien)

Die Energie von Saturn dient der Erhaltung des Lebens, die transsaturnalen Energien sorgen für die Stabilität und Entwicklung des Lebens.

Dadurch daß bestimmte Energien das System von Saturn infrage stellen können, werden sie aber noch nicht zu "geistigen", "überpersönlichen" oder "transpersonalen" Energien, wie viele Astrologen meinen. Eine "überpersönliche" Wirkung im Sinne einer Allverbundenheit besitzt allein die Fische-Energie. Trotzdem muß vor allem gegenüber einer esoterischen Astrologie festgehalten werden, daß sowohl die Fische-Energie als auch die anderen transsaturnischen Energien zu unserer Welt gehören. Sie sind Bausteine des menschlichen Lebens und beschreiben normale menschliche Begabungen und Bedürfnisse. Sie setzen mit ihrer Wirkung nur auf einer tieferen Ebene an.

Deswegen sollten sie auch nicht als transpersonale Energien bezeichnet werden, sondern besser als Energien des Lebensgrundes. Allerdings kann der Mensch in bestimmten Lebenslagen, wenn es ihm gelingt, vor allem die neptunische Energie mit der uranischen in eine vollkommene Balance zu bringen, transpersonale Erfahrungen machen. Dann werden diese Energien das Tor zu einer anderen Welt. Trotzdem bleiben sie aber menschliche Grundkräfte. Genau wie für alle anderen Energien des Horoskops gibt es auch für sie ganz normale körperlich-vitale und seelisch-geistige Entsprechungen. Es ist auch keineswegs sicher, daß jeder Mensch hier spirituelle Erfahrungen macht.

Die "Entmythologisierung" der transsaturnalen Energien ist vor allem aus dem Grund wichtig, weil diese Energien nur so voll und ganz einer Psychologischen Astrologie zur Verfügung stehen. Erst wenn die (esoterischen) Astrologen darauf verzichten, durch die Entwicklung der Energien von Uranus, Neptun und Pluto ("Höhere Dreiheit") eigenmächtig zu einer Bewußtseinserweiterung gelangen zu wollen, die es ihnen ermöglicht, in die Transzendenz gewissermaßen "hineinzuklettern", kann sich ein realistisches Bewußtsein dafür entwickeln, was diese Energien im praktischen Leben bewirken. Erst dann können auch die Verbindungen zur Transaktionsanalyse in den Blick kommen, die ich in meiner Gestalt-Astrologie beschrieben habe.

Da die Energien des Lebensgrundes schwierig zu verwirklichen sind, versuchen die Menschen, diese Energien zu vereinfachen. Eine solche Vereinfachung ruft aber zwangsläufig immer die Übertreibung auf den Plan. Die Energien des Lebensgrundes können auf zweierlei Art übertrieben gelebt werden:

  • indem dem Saturnprinzip grundsätzlich alles untergeordnet wird
  • indem auf das Saturnprinzip überhaupt keine Rücksicht genommen wird

Im ersteren Fall werden die fünf Energien folgendermaßen eingesetzt:

(Die Stier-Energie, die keine transsaturnale Energie ist (Asteroid Ceres), muß hinzugenommen werden, weil sie allen Energien die notwendige Quantität vermittelt.)

Saturn + Chiron (Jungfrau):

Die Chiron-Energie liefert die perfekte Begründung für eine saturnale Ordnung.

Außerdem gleicht sie die Schwächen eines Ordnungssystems aus, indem sie im Hintergrund dienend und heilend arbeitet.

Saturn + Uranus:

Die Uranus-Energie liefert die genialen Ideen und Tricks, um den Saturn zu stabilisieren.

Außerdem wird die saturnale Ordnung besonders eigenwillig und autoritär gegenüber anderen verteidigt.

Saturn + Neptun:

Die Neptun-Energie liefert die Feinfühligkeit und Intuition, mit der das saturnale System stabilisiert werden kann.

Außerdem bewirkt sie das Mitleid und die Hilfsbereitschaft zu den Menschen, die mit der saturnalen Ordnung allein nicht zurecht kommen.

Saturn + Pluto:

Die Pluto-Energie liefert die extreme Bindung bzw. die märtyrerhafte Opferbereitschaft für eine saturnale Ordnung.

Saturn + Ceres:

Die Ceres-Energie liefert die unendliche Geduld, mit der an saturnalen Ordnungen festgehalten wird.

Außerdem wird die Ordnung bequem und angenehm ausgestaltet.

Die Transaktionsanalyse hat diese Übertreibungen beschrieben (ohne die astrologischen Zusammenhänge zu kennen) und als Antreiberverhalten bezeichnet. Es kennzeichnet die Elternposition in der Neurose.

Die Antreiber müssen allerdings nach meiner Meinung um die entsprechenden Gegenantreiber erweitert werden, damit deutlich wird, daß auch das übertrieben spontan-spielerische bzw. trotzig-verweigernde Verhalten, das die Struktur des Saturn mißachtet und die neurotische Kindposition kennzeichnet, ein großes Problem ist:

Chiron:
Antreiber: Sei perfekt!
Gegenantreiber: Nimm nichts genau!
 
Uranus:
Antreiber: Beeile Dich!
Gegenantreiber: Immer mit der Ruhe!
 
Neptun:
Antreiber: Mach's anderen recht!
Gegenantreiber: Die anderen sind mir egal!
 
Pluto:
Antreiber: Reiß Dich zusammen!
Gegenantreiber: Laß Dich gehen!
 
Ceres:
Antreiber: Halte durch!
Gegenantreiber: Gib einfach auf!

Die Antreiber bzw. die Gegenantreiber hängen zusammen mit den vier neurotischen Lebensrollen, wie sie die Menschen als Kind im Elternhaus gelernt haben. Dabei verstärken Chiron (Jungfrauenergie), Pluto (Skorpionenergie) und Ceres (Stierenergie) die entsprechenden Rollen. Diese Energien lassen sich aber nicht allein einer einzigen Rolle zwingend zuordnen.

(vgl. die Übersicht Der Einfluß der Erziehung)

Opfer:
Gegenantreiber: Immer mit der Ruhe! Nimm nichts genau! Gib einfach auf!

Retter:
Antreiber: Mach's anderen recht! Halte durch! Sei perfekt!
 
Verfolger:
Antreiber: Reiß Dich zusammen! Sei perfekt! Beeile Dich! 
 
Chaot:
Gegenantreiber: Spiele verrückt! Nimm nichts genau! Laß dich gehen! 

Es ist deutlich zu erkennen, wie auf diese Weise das Gleichgewicht eines gesunden Lebens verfehlt wird. Die Antreiber unterstützen das System des Saturn in übertriebener Weise (Retter/Verfolger), die Gegenantreiber mißachten dagegen das Saturnprinzip zu sehr (Opfer/Chaot). Das gesunde Leben liegt aber immer in der Mitte, dh in einer ausgeglichenen Balance.

Die Antreiber und Gegenantreiber werden entschärft durch entsprechende Erlaubnisse, die beispielsweise folgendermaßen formuliert werden können:

Chiron:
Versuche das Beste, aber akzeptiere auch Deine eigenen Grenzen!
 
Uranus:
Verändere das Leben, aber laß Dir und anderen für neue Entwicklungen die notwendige Zeit!
 
Neptun:
Habe Verständnis für andere, aber setze Dich auch für Deine eigenen Interessen ein!
 
Pluto:
Nimm das Leben todernst, aber freue Dich auch über seine angenehmen Seiten!
 
Ceres:
Sorge für Deine Sicherheit, aber bleibe trotzdem offen für Neues!

Der Mensch kann durch den richtigen Einsatz dieser Erlaubnisse lernen, das rechte Maß zwischen einer starren Ordnung und einer völligen Beliebigkeit zu finden. Das ist immer zugleich sein Ausstieg aus den vier neurotischen Lebensrollen von Opfer, Retter, Verfolger und Chaot.

Die Erlaubnisse ermöglichen dem Menschen also einen positiven Umgang mit den Energien des Lebensgrundes ohne Über- bzw. Untertreibungen. Sie führen ihn damit zu den vier gesunden Lebensgrundeinstellungen der Anpassung (Rücksicht), Hilfsbereitschaft, Zielstrebigkeit (Selbstbehauptung) und der Fähigkeit zur Selbstdarstellung (Erfindung).

(vgl. das Schaubild Die Balance des gesunden Lebens)

Die Energie, die hier ganz besonders vermitteln kann, indem sie vernünftig den richtigen Weg beschreibt, ist die Jungfrau-Energie (Kleinplanet Chiron). Sie gibt in Zusammenhang mit der Saturn-Energie dem Menschen die notwendige nüchterne Sachlichkeit (Erwachsenen-Ich), ohne die eine gesunde Balance des Lebens nicht möglich ist.

Rolf Freitag, Schule für Psychologische Astrologie in Heiligenhaus, 2011

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