Stolperfallen der Astrologie

 Irrtümer bei den Grundenergien

Wer sich mit der Astrologie beschäftigen will, muß sich zunächst mit den Grundenergien auseinander setzen. Der Tierkreis von Widder bis Fische, die Herrscher der Tierkreiszeichen einschließlich Chiron für Jungfrau und Ceres für Stier sowie der Häuserkreis repräsentieren diese Archetypen. Es sind genau 12, und es gibt nicht mehr und nicht weniger. Das Horoskop zeigt die vielfältigen Verknüpfungen von Planeten, sensitiven Punkten, Zeichen und Häusern und läßt damit die Schwerpunkte aber auch die Probleme im Persönlichkeitsprofil des HE erkennen. Die Grundenergien sind dabei so etwas wie das Alphabet der Astrologie. Ohne sie gibt es keine vernünftige "Sprache", dh keine zutreffende Deutung des Horoskops. Aber werden sie auch richtig beschrieben?

Ich habe da meine Zweifel und will in diesem Artikel darlegen, warum es Astrologen so schwer fällt, sich auf eine zutreffende und allgemein akzeptierte Beschreibung der Grundenergien zu einigen.

Stolperfalle 1: Die Mythologie

Da die Grundenergien im Horoskop in komplizierten Verbindungen stehen und deshalb nicht isoliert beobachtet werden können, greifen Astrologen zu einem Hilfsinstrument und betrachten in der Regel den antiken Götterhimmel. Die Mythologie der Griechen bzw. der Römer ist für alle Astrologen nach meiner Wahrnehmung ein ganz entscheidender Bezugspunkt. Hier finden sie beispielsweise im Götterboten Hermes/Merkur die Energie des Planeten Merkur beschrieben, in der Göttin der Schönheit Aphrodite/Venus die Energie des Planeten Venus, im Kriegsgott Ares/Mars die Energie des Planeten Mars usw.

Es soll hier nicht die Bedeutung der Mythologie für die Astrologie grundsätzlich infrage gestellt werden. Es gibt jedoch ein schwer wiegendes Problem: Bei den astrologischen Grundenergien handelt es sich um idealtypologische Beschreibungen, die mythologischen Vorstellungen kennzeichnen dagegen konkrete Wesen, nämlich Götter, und eine konkrete Person läßt sich in ihrer Lebendigkeit nicht auf eine idealtypologische Energie reduzieren. Sie hat notwendigerweise eine Komplexität und Farbigkeit, die über den Rahmen einer Tierkreisenergie hinausgeht. Astrologisch gesprochen: Mythologie gehört in den Bereich der Fische-Energie. Ihr fehlt jedoch die begriffliche Klarheit der Jungfrau-Energie.

Das macht sich bei den einzelnen Götterpersonen unterschiedlich störend bemerkbar. Am deutlichsten finden wir eine Inkongruenz bei der Schütze-Energie, für die der Gott Zeus/Jupiter Pate gestanden hat. Sie soll hier als Beispiel kurz besprochen werden. Im Lehrbuch "Schlüsselworte zur Astrologie" von Banzhaf/Haebler werden z.B. dem Jupiter folgende Eigenschaften zugeordnet:

"Würde, Weisheit, Glauben, Hoffnung, Moral, Gnade, Überzeugungen, Zuversicht, Vertrauen, Wohlstand, Reichtum und Wachstum, Erfolg, Zukunft, Optimismus, Großzügigkeit, Expansion, Gerechtigkeit, Ehrfurcht, Güte, Wohlwollen und Fülle." (S. 30)

Man fragt sich unwillkürlich, was für die anderen Tierkreiszeichen an Eigenschaften da noch übrig bleibt. Aber die einzelnen Begriffe vertragen sich auch miteinander nicht. Was haben z.B. Wohlstand und Weisheit gemeinsam, oder Moral und Erfolg, oder Expansion und Gerechtigkeit? In einer lebendigen Person (und die Götter wurden bei den Griechen und Römern ja als menschenähnliche Personen gedacht) können solche Eigenschaften natürlich miteinander verbunden sein, in einer idealtypologischen Beschreibung einer Tierkreisenergie jedoch nicht.

Der Göttervater Zeus/Jupiter war einerseits ein unternehmungslustiger und riskofreudiger Verführer und Fremdgänger (seine Ehefrau Hera hatte große Probleme mit ihm), andererseits war er aber auch die unumstrittene Autorität im Olymp, wo er für Recht und Ordnung sorgte. Von den oben angeführten Begriffen passen deshalb Expansion, Zukunft, Optimismus und Großzügigkeit (zu ergänzen wäre vielleicht noch Risikobereitschaft) zur Dynamik und Extrovertiertheit der Schütze-Energie, die anderen Begriffe sind kompliziertere Mischungen aus mehreren Grundenergien, wobei sehr oft Fische, Jungfrau und Steinbock zusammenwirken. Gerechtigkeit z.B. setzt einen kritischen Verstand voraus (Jungfrau mit Wassermann), der sich in der Gesellschaft (Waage) für ein Ideal (Fische) einsetzt (Widder). Gerechtigkeit paßt deshalb zur Figur des Zeus/Jupiter, wie ihn uns die Mythologie vorstellt. Der Planet Jupiter bzw. die Schütze-Energie im Tierkreis und das Haus 9 können die Gerechtigkeit aber nicht leisten, sie könnten sie höchstens zukunftsbezogen propagieren.

Die Mythologie (Fische) muß also mit der Ratio (Jungfrau) konfrontiert werden. Sie gibt sicher gute Anregungen und enthält natürlich viel an Wahrheit. Aber ihr fehlt die Genauigkeit des Begriffs, die hinzukommen muß, damit die Beschreibung einer Tierkreis-Energie idealtypologisch stimmig wird. Und das hat selbstverständlich große Auswirkungen auf die Deutung eines Horoskops.

Ich habe nun ein einfaches Modell entwickelt, um die mythologischen Beschreibungen zu überprüfen: Der Tierkreis wird von mir nicht als Kreis, sondern mit einer Schwingung gezeichnet. Die äußeren Bögen bilden die Luft- und Feuer-Energien, die inneren die Erd- und Wasser-Energien. Es wechseln sich also Yang- und Yin-Energien beständig ab, wobei die Übergänge fließend sind.

(Anmerkung: Das Modell wurde hier nicht als Schwingkreis, sondern als Sechseck abgebildet.)

Eine Tierkreis-Energie hat entweder reinen Yang- oder reinen Yin-Charakter. Mischungen gibt es nur beim Übergang der einen Energie zur nächsten, also besonders an den Stellen 0° im Tierkreis. Yang-Energien sind dabei immer spontan, schöpferisch und ungebunden, Yin-Energien dagegen angepaßt, rückbezogen und an Vorgegebenheiten orientiert.

Mit diesem Werkzeug kann ich das mythologische Angebot an Beschreibungen sortieren, vorausgesetzt ich habe ein Feeling für die Schwingung von Yang und Yin entwickelt. Von den oben genannten Worten haben z.B. "Weisheit, Glauben, Hoffnung, Moral, Gnade, Überzeugungen, Vertrauen, Wohlstand, Reichtum, Erfolg, Ehrfurcht, Güte, Wohlwollen" und natürlich auch "Gerechtigkeit." eindeutig Yin-Charakter. Sie können deshalb nicht zur Schütze-Energie gehören, sondern sind, wie ich das oben schon am Beispiel "Gerechtigkeit" dargelegt habe, kompliziertere Mischformen anderer Grundenergien.

Was ich hier etwas ausführlicher für Jupiter und die Schütze-Energie erklärt habe, gilt selbstverständlich auch für andere Energien des Tierkreises. Aphrodite/Venus z.B. galt in der Antike als Göttin der Schönheit, Harmonie und der Liebe. Die Tierkreis-Energie Waage hat einen Bezug zur Venus, und beide werden von den Astrologen mit genau diesen Begriffen beschrieben. Kaum jemanden fällt dabei aber auf, daß "Liebe" ein Gefühls-Begriff ist (wenn er nicht im Sinne von "Gefallen" gebraucht wird), der zu einer Luft-Energie (Waage) gar nicht passen kann. Das Wort "Liebe" drückt natürlich eine Bindung aus. Es widerspricht einer Yang-Energie und muß deshalb aus der Beschreibung von Waage bzw. Venus und Haus7 eliminiert werden. Es gehört zur Skorpion-Energie bzw. zum Planeten Pluto und dem Haus 8.

Ein relativ junges Beispiel für den Einfluß der Mythologie auf die Bedeutung der Planeten stellt der Kleinplanet Chiron dar. Chiron gilt in der Astrologie als verletzter Heiler aus dem Kosmos. In der griechischen Mythologie war er der Sohn von Kronos (Saturn) und der Nymphe Philyra. Er hatte den Oberkörper eines Menschen und einen Pferdeleib. Seine Mutter verstieß ihn wegen seiner Häßlichkeit. Er wurde von Apollon und Artemis unterwiesen und zeichnete sich durch Weisheit, Heilkunst und praktische Fähigkeiten aus. Später wurde er der Lehrer vieler Götter und Helden. Als er durch einen Giftpfeil des Herakles versehentlich verwundet wurde, litt er furchtbare Qualen, blieb aber als Sohn eines Gottes unsterblich. Obwohl er anderen geholfen hat, konnte er sich selbst nicht heilen. Nachdem er für die Erlösung des Prometheus sein Leben geopfert hatte, gab ihm Zeus die Unsterblichkeit zurück. Er durfte den Hades verlassen und in den Götterhimmel zurückkehren.

Welch ein komplexes Bild haben wir hier vor uns! Es paßt unmöglich in den Rahmen einer einzigen Tierkreis-Energie. Manche Astrologen rechnen Chiron aufgrund seiner Gestalt (Pferdeleib) zum Tierkreiszeichen Schütze. Nach meiner Beobachtung handelt es sich aber eindeutig um Jungfrau-Energie. Die Jungfrau hat auch einen Bezug zum Heilen und Lehren. Mit Verletzungen hat sie hingegen nichts zu tun, es sei denn, es gibt eine Verbindung zur Fische-Energie.

Bei den oben geschilderten Energien ist die Begrifflichkeit zwar ungenau, aber in ihr ist die Wahrheit einer Grundenergie zumindest zum Teil enthalten. Es gibt jedoch auch ein Beispiel, wo die Mythologie völlig in die Irre führt. Ich meine den sensitiven Punkt Priapus, der das Perigäum, also den erdnächsten Ort des Mondes auf seiner Umlaufbahn um die Erde darstellt. In den Beschreibungen für Priapus ist einfach gar nichts richtig. Im "Großen Lexikon für Astrologie" von Weise/Ludwig finden wir z.B. folgende mythologische Erklärung:

"In der Mythologie ist Priapos (griechische Schreibweise) ein kleinasiatischer Fruchtbarkeitsgott, der mit einem überdimensional großen Phallus dargestellt wird." (S. 177)

In dem Buch von Koch/Rindgen "Lilith und Priapus - die Schalen des Menschen", das auch die korrekten Ephemeriden für Lilith und Priapus enthält, werden Priapus u.a. folgende Eigenschaften zugeordnet:

"Sodom, Schwarze Messe, Bordell, Striptease, Priapismus, Viagra, Masturbation, Nudismus, Exhibitionismus, Pornographie, Satanismus, Vergewaltigung". (S. 163)

Hier wird offensichtlich der sensitive Punkt Priapus als eine Energie erklärt, die sehr viel mit sexueller Perversion zu tun hat. Das aber ist völlig abwegig. Mit einer nüchternen und kritischen Überlegung kommen wir auch hier weiter:

Wenn Priapus astronomisch den Ort beschreibt, wo der Mond auf seiner elliptischen Bahn die größte Nähe zur Erde erreicht, dann folgt daraus astrologisch, daß die entsprechende psychologische Energie eine Mischung aus Mond, Neptun (Nähe) und Extrem (Pluto) sein muß. Priapus beschreibt demnach eine besondere Sensibilität, ein ungewöhnliches Mitgefühl bzw. auch eine extreme Verletzlichkeit. Priapus ist also ein ganz weicher Punkt. Diese Energie symbolisiert das genaue Gegenteil von Priapismus. Im Zusammenhang mit Mars könnte sie sogar den Grund für eine männliche Impotenz abgeben, denn Neptun löst im körperlichen Bereich gern Schwäche aus.

Der astronomische Punkt Lilith, der das Apogäum, also den größen Abstand des Mondes zur Erde darstellt, ist demnach astrologisch eine Mischung aus Mond, Uranus (Distanz) und Extrem (Pluto). In der Deutung heißt das so viel wie "ein extrem eigenwilliger Drang". Hierfür kann der Begriff "Leidenschaft" stehen. Lilith wird von den Astrologen auch ungefähr in diesem Sinne verwendet. Mit Priapus werden sie allerdings durch die Mythologie auf eine ganz und gar verkehrte Fährte gelockt, und es ist kein Wunder, daß zwar allgemein mit Lilith gearbeitet wird, für Priapus jedoch keine Erfahrungen vorliegen.

Stolperfalle 2: Historische Ereignisse

Als ich auf einem Workshop über die Wassermann-Energie referierte, wurde ich von einem Teilnehmer gefragt: Und was sagen Sie zur Französischen Revolution? Der Fragende ging offensichtlich von der Vorstellung aus, daß die Französische Revolution das typische Muster für die Wassermann-Energie abgibt. Dazu trägt bei vielen Astrologen auch der Umstand bei, daß der Planet Uranus 1781 entdeckt wurde, also zeitlich unmittelbar vor diesem dramatischen Ereignis.

Nun hat die Französische Revolution (wie alle Revolutionen) natürlich eine deutliche Wassermann-Prägung. Aber eben nicht nur. Ereignisse sind wie Personen lebendig, und das bedeutet, daß sie wie Personen ein Horoskop besitzen, selbstverständlich mit allen Tierkreis-Energien. Das wird gern übersehen.

In dem oben zitierten Lehrbuch von Banzhaf/Haebler steht unter "Uranus" der lapidare Satz: "Uranus steht für die Ideale der Französischen Revolution, für Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit" (S. 34)

Auch hier sollten wir unsere kritische Jungfrau-Energie einschalten und uns fragen, ob "Freiheit" und "Gleichheit, Brüderlichkeit" nicht harte Gegensätze darstellen und deshalb als Beschreibung einer Tierkreis-Energie gar nicht gemeinsam genannt werden dürfen. "Freiheit" hat Yang-Charakter und bedeutet, sich selbst als ein ganz eigenes und besonderes Individuum zu verwirklichen. Sie führt im Ergebnis zur Verschiedenheit der Menschen. "Gleichheit" dagegen hat Yin-Charakter und orientiert sich am Gemeinsamen aller Menschen, also an ihrer geistig-seelischen Veranlagung, an ihrer Berufung zur Transzendenz, an ihrer Verpflichtung, auf die innere Stimme des Gewissens zu hören, an ihrem Recht auf Leben usw. Sie führt im Ergebnis zur Aufforderung der "Brüderlichkeit", weil eben unsere Mitmenschen in gewisser Hinsicht uns gleichen wie ein Bruder dem anderen. "Freiheit" ist unbestritten ein Begriff, der die Wassermann-Energie kennzeichnet, "Gleichheit und Brüderlichkeit" gehören dagegen zur Fische-Energie.

Wenn wir nun das Horoskop der Französischen Revolution betrachten, dann sehen wir, daß hier nicht nur die Wassermann-Energie eine Rolle gespielt hat, auch wenn sie damals sicher eine Dominanz entwickeln konnte, sondern auch die anderen Tierkreis-Energien und vor allem die Fische-Energie.

Der Sturm auf die Bastille, 14. Juli um 13.09 LT, Paris

sturm auf die bastille

Uranus am MC in Verbindung mit Pluto in Wassermann und Mars in Haus 8 symbolisieren Rebellion und Gewalt, wobei vor allem der Mond im Widder mit Halbsextil zu Lilith (Mond, Uranus, Pluto) in den Fischen eine angestaute Wut beschreibt. Hinzu kommt das genaue Anderthalbquadrat von Lilith zum AC. Diesen wassermännischen Energien stehen aber mit der Aspektfigur Pluto Opposition Priapus (Mond, Neptun, Pluto) und Trigon zu Neptun in Haus 12, dem Quadrat zwischen Sonne und Neptun sowie dem Anderthalbquadrat zwischen Mars und Neptun genügend Fische-Energien gegenüber, die den Idealismus der Französischen Revolution verständlich machen. Da Pluto mit seinen neptunischen Aspekten im Wassermann-Zeichen steht, wird astrologisch sogar besonders deutlich aufgezeigt, daß die Ziele der Französischen Revolution (Wassermann) auf Menschenrechte und andere soziale Themen (Fische) ausgerichtet sein mußten. Das Anderthalbquadrat zwischen Jupiter am MC zu Saturn in den Fischen beschreibt übrigens sehr gut den Sturm (Jupiter) auf die Bastille, das verhaßte Gefängnis (Saturn in den Fischen) des Ancien régime.

Zum selben Ergebnis kommt man übrigens, wenn man die Weltzeitalter betrachtet. Zur Zeit der Französischen Revolution befand sich der Frühlingspunkt auf Grund der Präzession (Kreiselbewegung der Erdachse) schon im beginnenden Übergang vom (siderischen) Tierkreiszeichen Fische zum Tierkreiszeichen Wassermann, was ebenfalls für eine Mischung beider Energien spricht.

Die Französische Revolution ist aber nur ein Beispiel für historische Ereignisse, die für Astrologen zu Stolperfallen werden können, wenn sie nicht in ihrer Komplexität wahrgenommen werden. Man kann viele andere Ereignisse anführen. Jeder Krieg hat z.B. deutlich eine Widder-Dominanz, vielleicht ergänzt durch die Energien von Steinbock, Wassermann und Skorpion, die extreme Härte und Unterdrückung ausdrücken. Trotzdem gibt es auch im Krieg Hilfsbereitschaft, etwa verkörpert durch das Rote Kreuz. Auch im Horoskop eines Krieges wird also die Fische-Energie nicht völlig fehlen.

Stolperfalle 3: Das eigene Horoskop

Hier kann ich aus persönlicher Erfahrung sprechen. Als ich mit dem Astrologie-Studium begann, war ich als Schütze-Geborener sehr angetan von der Beschreibung dieser Energie. Für mich trafen solche Kennzeichnungen zu, wie "Allen voran drängt den Schützen die Suche nach dem Sinn. Er ist im Inneren ein tief religiöser Mensch, der sicher weiß, daß sich in allem Erschaffenen ein höherer Sinn verbirgt", oder "Da im Schützen auch das Gerechtigkeitsgefühl stark ausgeprägt ist, finden sich hier Menschen, deren Streben nach Gerechtigkeit von wahrhaft hohen Werten geleitet wird" oder "Streben nach hoher Bildung und weiten Horizonten" oder "große Begeisterungsfähigkeit". (Banzhaf/Haebler S. 58f.)

Banzhaf und Haebler haben diesen positiven Charaktereigenschaften natürlich auch die entsprechenden negativen gegenüber gestellt. Die waren dann weniger schmeichelhaft für mich. Aber auch damit wurde das Bild des Schützen nicht richtiger. Es hat einige Zeit gedauert, bis ich begriff, daß ich die idealtypologische Tierkreis-Energie durch die Brille des eigenen Horoskops betrachtet und mit diesem verwechselt hatte. Genau das passiert, wie ich glaube, des öfteren, wenn sich Astrologen mit bestimmten Grundenergien beschäftigen.

Rolf Freitag, 20.12.1940 um 0h45, in Wernigerode/Harz

rolf freitag

In meinem Horoskop steht die Schütze-Sonne Grenze Steinbock und der Sonnenherrscher Jupiter in Konjunktion mit Saturn. Das gibt der Schütze-Dynamik Ernsthaftigkeit und Konsequenz. Die Sonne steht weiterhin in einem sehr genauen Quadrat zu Neptun, der sich Ende Jungfrau an der Grenze zur Waage befindet. Hier drückt sich mein Idealismus (Neptun) aus, und zwar vor allem im Hinblick auf soziale Gerechtigkeit (Neptun, Waage, Jungfrau). Der Aspekt Sonne Quadrat Neptun symbolisiert aber auch meine Sinnsuche und religiös-philosophische Orientierung. Von Beruf war ich Religionslehrer, und die Verbindung von Jupiter und Saturn könnte auch eine Erklärung dafür abgeben, daß mir die dogmatische katholische Konfession (Saturn) näher stand als die evangelische. Begeisterungsfähigkeit ist eine Verbindung von Mond, Jupiter und Uranus. Der Uranus steht bei mir im Anderthalbquadrat zur Mondknotenachse (Sonne, Mond) und mein Merkur befindet sich mitten im Schützen am IC. Ich kann deshalb sehr begeistert motivieren und predigen, wenn ich von einer Sache überzeugt bin. Meine Lehrerenergie schließlich hat nichts mit Schütze zu tun, sondern mit meinem Jungfrau-AC und dem Herrscher Chiron neben Pluto in Haus 11. Daß ich mich dabei nicht in Einzelheiten verliere, sondern immer versuche, das Wesentliche auf den Punkt zu bringen, liegt am Anderthalbquadrat von Saturn zum Jungfrau-AC. Diese Konstellation ist letztlich auch dafür verantwortlich, daß ich in der Psychologischen Astrologie ein neues System entwickelt habe.

(vgl. den Artikel Meine Konzeption)

So entsteht ein sehr komplexes Bild, und es ist natürlich schwierig, aus diesem die reine Schütze-Energie zu isolieren. Es ist aber möglich, wenn man genügend viele Horoskope vergleicht und sehr unvoreingenommen an die Astrologie herangeht. Dabei kann eine kritische Jungfrau-Energie (Jungfrau, Wassermann) und der oben beschriebene Tierkreis als Yang-Yin-Schwingung gute Dienste leisten. Wichtig ist die Erkenntnis, das wir Astrologen ständig in der Gefahr sind, komplexe Wirklichkeiten, wie sie die Mythologie, geschichtliche Ereignisse und das eigene Horoskop darstellen, mit einer astrologischen Grundenergie zu identifizieren. In einer Grundenergie steckt aber meistens sehr viel weniger an Inhalt, als von Astrologen behauptet wird.

Rolf Freitag, Schule für Psychologische Astrologie in Heiligenhaus, 2011

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